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Sammlung: Adolf Ebert

Allgemeine Geschichte der Literatur des Mittelalters im Abendland Teil 04

1820-1890, Adolf Ebert

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Aber welche Fortschritte auch der Kosmopolitismus im Lauf des zweiten und im Anfang des dritten Jahrhunderts in der Gesetzgebung bewirkte, welche Frucht höherer Gesittung er auch innerhalb des Kreises der philosophisch Gebildeten tragen mochte, sein Einfluss auf den römischen Staat war nur ein verderblicher, ein auflösender und zersetzender. Wie durch das Nivellierungssystem der Kaiser das Standesbewusstsein, so wurde durch die Aufhebung des politischen Unterschieds des herrschenden von den beherrschten Völkern das römische Nationalgefühl in seinem Kern geschädigt. Und selbst die Beschränkung der väterlichen Gewalt musste das Selbstbewusstsein des römischen Bürgers noch mehr schwächen. Die unumschränkte Herrschaft im eigenen Haus war gewissermassen das Pfand der Teilnahme an der Herrschaft im Staat gewesen, denn dieser war auf der Familie gegründet. Der Staat selbst aber war, seit seiner Erweiterung zum Weltstaat, mehr und mehr eine bürokratische Maschine geworden, die zu ihrer obersten Leitung der Hand eines Einzelnen bedurfte. Ein Weltstaat, wie dieser, konnte nur eine Weltmonarchie sein. Die Monarchie selbst aber nahm mit der Zeit immer mehr, namentlich seit Commodus und Septimius Severus, den halborientalischen Charakter einer Militärdespotie an, indem auch hierin das ältere, orientalische Weltreich Alexanders, allerdings durch Vermittelung seiner Nachfolger, normgebend mitwirkte. Von dort stammte auch, wie bereits früher die Einrichtung des Hofes, die Vergötterung der Herrscher. War nun schon durch August dem römischen Volk die Teilnahme an der Regierung in Wahrheit entrissen und so der eigentliche Quell der spezifisch nationalen Bildung verschüttet, denn die Größe dieses Volkes wurzelte gerade in dieser Einseitigkeit einer rein politischen Erziehung. So war doch noch dem Volk in Waffen in den Prätorianerkohorten bei der Besetzung des Throns ein teils stillschweigender und indirekter, teils aber, in kritischen Zeitläufen, offenkundiger und direkt entscheidender Einfluss geblieben. Aber unter der Einwirkung des kosmopolitischen Prinzips wurde ihm auch dieser entzogen, seit der Afrikaner Septimius Severus die Prätorianer zu einer Garde umbildete, die aus den besten Soldaten aller Legionen des Reichs zusammengesetzt wurde, unter denen nichtromanisierte Barbaren um so mehr die Oberhand gewinnen mussten, als ihnen eine größere physische Kraft innewohnte. Denn mit dem Sinken der moralischen war auch die physische Kraft der Römer und Italiker niedergegangen. Um so eher musste der Thron selbst jetzt Provinzialen anheimfallen, unter denen sich bald darauf sogar Germanen und Orientalen befanden, die kaum von der hellenischen, geschweige der spezifisch römischen Bildung oberflächlich berührt waren. Wenn schon ein Hadrian und ein Marc Aurel ihrer Bildung nach mehr Hellenen als Römer zu nennen waren, so herrschte in Elagabal der reine Asiate in den exzentrischsten Formen des orientalischen Despotismus. Wie herabgewürdigt musste der römische Geist sich fühlen in den Herzen, in denen er noch eine Stätte fand! Und während nun über die Herrschergewalt die Legionen fremder Söldner verfügten, drohte bereits seit dem Anfang des dritten Jahrhunderts die Auflösung und Zertrümmerung des Weltreichs. Schon nach dem Tod des Septimius Severus wurde eine Teilung des Reichs beabsichtigt, nach der Ermordung des Alexander Severus aber folgte bis auf Diokletian (235–284) gar kein stetiges sicheres Regiment mehr. In raschem Wechsel nahm ein General nach dem anderen den Thron ein, indem nicht selten mehrere zugleich sich Augustus nannten, bis sich dann zur Zeit des Gallienus sogar 19 Statthalter selbständig erklärten, während gleichzeitig Aufstände der Provinzialen erfolgten, wie in Gallien, in denen sich bereits das Streben nach einer Loslösung aus dem Verband des Reichs und einer staatlichen Unabhängigkeit kundgibt. Und im Lauf dieses Zeitraums brachen immer kühner auch die auswärtigen Feinde über die Grenzen im Okzident wie Orient; besiegt sah man einen Imperator im Kampf gegen die Goten fallen (251), und zehn Jahre später einen anderen, von den Persern besiegt und, in die Gefangenschaft verschleppt. Der einzige Staatszweck wurde nunmehr das Interesse der Selbsterhaltung den äusseren und inneren Feinden gegenüber, die denn auch die neue Konstituierung des Reichs durch Diokletian bestimmte. Und dieser Vorläufer Konstantins verlegte schon den Schwerpunkt des Reichs in den Orient, indem er Nikomedien zum Regierungssitz des ersten Augustus machte.

  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 8445
  • Hinzugefügt am 04. Mai 2021 - 12:45 Uhr

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Literatur, Abendland, Aufsatz, Adolf, Ebert

Einsteller: sophie-clark

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