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Sammlung: Willibald Alexis

Cabanis Band I Teil 09

1798-1871, Willibald Alexis

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Inhaltsangabe

 

Der Hass des Königs gegen die Advokaten war bekannt. Jeder Advokat musste als Uniform einen kurzen Mantel tragen, damit die Leute ihm schon von weitem aus dem Weg gehen konnten und wehe dem, der sich ohne diese Tracht auf der Straße sehen ließ. Für die hohe, hagere Gestalt unseres Herrn Paten mit seinen überlangen Armen und Storchbeinen, die in noch ungeschönere Füße ausliefen, war sie besonders ungünstig. Wenn er sie nicht in den Westentaschen hielt, hingen ihm die Hände unter dem Mantel heraus wie zwei immer drohende Strafruten. Er selbst hatte nicht das geringste dazu getan, seinem widerwärtigen Aussehen abzuhelfen. Seine Manschetten und die geblümte Schoßweste waren selten rein unf an der hier und da zerstörten Perücke fehlte der Puder. Ja es schien, als wenn er Vergnügen daran hatte, durch seine Gegenwart zu erschrecken. Meine Spielkameraden, anfangs kaum weniger als ich selbst erschreckt, fingen an einzusehen, dass es doch nur Worte waren. Die besseren schämten sich, dass ich wegen des hässlichen Mannes verloren hatte und einer reichte mir meine Murmel wieder: »Wirf noch mal, Etienne, das soll nicht gelten.«

»Es gilt nicht!«, wiederholte die kleine Schar. »Den Fuß weg!«. schrie schon ein Mutiger. Ich zitterte, die Tränen standen mir in den Augen; es waren aber mehr Tränen der Wut über ein erlittenes Unrecht als der Furcht. »Wirf zu, Etienne!«, schrie man mich an. »Was hat er ein Recht, uns das Spiel zu verderben.« – »Fort der lange Laban!« – »Fort da!« rief ich nun auch, und Lust und Bosheit hatten in der Knabenbrust gesiegt. Der Herr Pate hatte den Fuß fortgezogen, ich zielte und meine Kugel glitt in das Loch. Allgemeiner Jubel! Ich hatte gewonnen. Doch jetzt, als ich nach meinen Kugeln fassen wollte, als die anderen riefen: »Zählt sie!«, war es abermals geschehen. Seine Fußspitze schaufelte die ausgeworfene Erde in das Loch und seine rindslederne Sohle trat die Murmel fest. Da stand der lange, hässliche Mann und seine noch hässlicheren Beine stampften wie zwei Pflasterschläger auf unser verlorenes Spielzeug.

 

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 6596
  • Hinzugefügt am 14. Okt 2014 - 21:47 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Cabanis, Willibald-Alexis, Roman, Siebenjähriger-Krieg, Vaterland

Einsteller: sophie-clark

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2 Kommentare

  1. sophie-clark

    Ein Vaterlandsroman aus der Zeit Friedrichs des Großen.

    02. Nov 2015 - 19:36 Uhr

  2. sophie-clark

    Im nächsten Teil:Das Blatt wendet sich gegen den Advokaten

    10. Sep 2016 - 14:30 Uhr

 

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