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Sammlung: Gedicht B

Baden-Baden

1761-1841, Alois Wilhelm Schreiber

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Umweht mich in Badens Tale,
ihr Schauer der Vergangenheit!
Ich weile sinnend um die Male
der hingesunknen Heldenzeit,

5
als von den heimatlichen Auen

der tapfre Markmann Abschied nahm
und nun in die verlaßnen Gauen
as Volk der Welterobrer kam.

Die lange diesen Boden schützten,

10
sie suchten fern ein Vaterland 

und Roma’s goldne Adler blitzten
zum erstenmal an unserm Strand.
Die Götter von der Tiber zogen
in Hertha’s unentweihten Hain 

15
und unter stolzen Säulenbogen

floß jetzt der fremde Opferwein.

 Wo sonst die Eiche Wodan’s grünte,

stand Hermes mit dem Schlangenstab;

 

 der Kaufmann nahte sich und sühnte

20
mit Wasser, das der Berg ihm gab.

Der Marmor überzog die Schwelle,
wo sich der Heilungsborn ergoß 
und traurig murmelte die Quelle,
a sie der kalte Stein umschloß.

25
Doch unsern alten Namen schirmte

die deutsche Treu, der deutsche Sinn;
das Bollwerk,daß der Römer türmte,
fiel wie vom Blitz die Tanne hin 
und seiner Tempel Hallen sanken

30
und seines Donnrers Riesenbild 

und um die Trümmer wob die Ranken
Gebüsch und Epheu schaurig wild.

Das deutsche Recht, es galt nun wieder
mit deutschem Brauch im deutschen Land,

35
der Mann, er reichte fest und bieder

an Eidesstatt die treue Hand.
Geschmückt mit jungen Eichenkränzen
erhob sich neu der Felsaltar. 
Das Horn, es rief zu Waffentänzen

40
der Jugend blondgelockte Schar.


Und in des Markwalds Täler kamen
von Irlands Küste Pilger her 
und einen neuen, großen Namen
verkündete der Männer Lehr’;

45
es bog der trotz’ge Alemanne

vor ihnen demutsvoll das Knie,
er kannt’ in ihrem Friedensbanne
den Frieden ihrer Botschaft nie.

 

 Des Götterhaines graue Eichen,

50

sie stürzten von des Täuflings Beil;

am Wege steht des Kreuzes Zeichen 
und deutet ihm sein ewig Heil.

 Das Feuer brennt auf seinem Herde,

er schafft das Schwert zur Pflugschar um,

55
denn mit dem Himmel wird die Erde

zugleich sein schönes Heiligtum.

Jetzt bauen am Genesungsquelle
die Jünger Ratfried’s einen Dom 
und fromme Klausner ihre Zelle

60
im Bührental, am wilden Strom;

es türmen sich auf Felsenhöhen
die Ritterburgen stolz und kühn,
noch kann man ihre Trümmer sehen,   
bedeckt mit Moos und Waldesgrün.

65
Ach! Wie in dunkeln Traumgesichten,

blickt die Vergangenheit mich an;
die Zeit will freventlich zernichten,
was sie nicht trotzig meistern kann.
Von fremder Sitte ward verdrungen

70
die fromme Scheu, die strenge Zucht,

kein fremdes Schwert hat uns bezwungen,
doch Üppigkeit, von Gott verflucht.

Vergiftet hat sie selbst die Schale,
aus der dem Kranken Heilung floß;

75
Ha, siehe! Wo beim Friedensmahle

des Himmels Frieden sich ergoß, 
da walten jetzt der Hölle Schauer,
da steht des Goldes Trugaltar 
und Engel wenden sich mit Trauer

80
vom Ort, der einst so heilig war. 


Wie frech jedoch sie sich erheben,
die Mächte aus des Orkus Schoß,
sie reißen nimmermehr das Leben
von seiner starken Wurzel los.

 Das Schlechte muß sich selbst zerstören,

sein Sieg ist auch sein Untergang;
der muß dem Tode angehören,
den das Sirenenlied bezwang.

Noch leuchtet ja der Abendschimmer

90
wie sonst in Badens Tal herein,

der junge Lenz, er kehrt noch immer
mit seinen Blumen bei uns ein.
Liegt auch der Quell in Schutt gebunden,
er sehnt sich dennoch nach dem Licht

95
Und hat er erst den Weg gefunden,

so hält die Erd’ ihn länger nicht.


 


  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 4359
  • Hinzugefügt am 12. Feb 2014 - 20:46 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

baden, alois, wilhelm, schreiber, tal

Einsteller: sophie-clark

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2 Kommentare

  1. sophie-clark

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    25. Nov 2015 - 06:32 Uhr

  2. sophie-clark

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    10. Aug 2017 - 19:54 Uhr

 

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