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Sammlung: Biblische Sagen A

Abrahams Kindheit

o. J., Johann Gottfried Herder

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In einer dunkeln Höhle wurde Abraham erzogen, denn der Tyrann Nimrod trachtete ihm nach dem Leben. Aber auch in der dunklen Höhle war das Licht Gottes in ihm, er dachte fleißig nach und sprach zu sich: „Wer ist mein Schöpfer?“

Als er nach sechzehn Jahren endlich hinaustrat und zum ersten Mal Himmel und Erde sah; wie staunte er und freute sich! Er fragte alle Geschöpfe rings umher: „Wer ist Euer Schöpfer?“

Eben ging die Sonne auf und er fiel nieder auf sein Angesicht. „Das, sprach er, ist der Schöpfer Himmels und der Erde, denn seine Gestalt ist so herrlich!“ 

Die Sonne stieg hinauf und stieg hinab und ging am Abend unter. Da ging der Mond auf, und Abraham sprach zu sich: „Das untergegangene Licht war nicht der Gott des Himmels, vielleicht ist es jenes kleinere Licht, dem dieses große Heer der Sterne dient.“ Aber auch Mond und Sterne gingen unter und Abraham war allein.

Er ging zu seinem Vater und fragte ihn: „Wer ist der Gott des Himmels und der Erde?“ und Tharah zeigte ihm seine Götzenbilder. „Ich will sie prüfen“, sprach er zu sich selbst und als er allein war, legte er ihnen die schönste Speise vor. „Wenn ihr lebendige Götter seid, so nehmt euer Opfer.“

Aber die Götzenbilder standen da und regten sich nicht. „Und diese, sprach der Knabe, kann mein Vater für Götter halten? Wohl! Ich will jetzt als ein Knabe handeln, vielleicht belehre ich ihn.“ Da nahm er seinen Stab und zerschlug die Götzen alle bis auf einen, und legte seinen Stab in dieses Götzen Hand und lief zum Vater hin und sagte: „Erschrick nicht, Vater, dein oberster Gott hat alle seine Brüder getötet.“ Und als nun Tharah zornig wurde und sprach: „Du spottest meiner! Wie kann er es, wo doch meine Hände ihn gebildet haben?“ Siehe da nahm Abraham das Wort und sprach zu ihm: „Zürne nicht, mein Vater, und lass dein Ohr vernehmen, was dein Mund sagte. Traust du deinem Gott nicht zu, dass er vermöge, was ich mit meiner Knabenhand zu tun vermochte, Wie wäre er der Gott, der mich und dich und Himmel und Erde schuf?“ Tharah verstummte auf des Knaben Wort.

Bald aber kam die Tat vor den Tyrannen Nimrod, der forderte ihn vor sich und sprach: „Meinen Gott sollst du anbeten, Knabe, oder der brennende Ofen sei dein Lohn.“ Denn alle Weisen hatten bei Abrahams Geburt dem König geweissagt, dass er die Götzen stürzen und des Königs Herrschaft vernichten würde im ganzen Königreich. Darum verfolgte der König ihn.

„Wer ist dein Gott, o König?“, sprach der unerschrockene Knabe.

„Das Feuer ist mein Gott", antwortete der König, das Mächtigste der Wesen.“

„Das Feuer, sprach der Knabe, wird vom Wasser ausgelöscht, das Wasser wird von der Wolke leicht getragen, der Wind verjagt die Wolken und dem Wind besteht der Mensch. So ist der Mensch das Mächtigste der Wesen.“

„Und ich der Mächtigste der Menschen", sprach der König. "So bete mich an, oder der glühende Ofen ist dein Lohn.“

Da schlug der Knabe sein bescheidenes Antlitz auf und sprach: „ich sah die Sonne gestern am Morgen auf- und am Abende untergehen. Befiehl, o König, dass sie heute am Abend auf und am Morgen untergeht, so will ich dich anbeten.“ Und Abraham wurde in die Glut geworfen.

 Aber des Feuers Kraft beschädigte den Knaben nicht, ein Engel nahm ihn sanft in seinen Arm und fächelte die Flammen von ihm ab, wie einen Lilienduft. Schöner ging der Knabe vom Feuer hinaus und bald erschien ihm selbst sein Gott und rief ihn aus Chaldäa und weihte ihn zu seinem Freund ein. Und Abraham wurde Stifter des wahren Gottesdienstes des einen Gottes Himmels und der Erde für alle Welt. 

  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 2911
  • Hinzugefügt am 04. Nov 2013 - 15:43 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Höhle, Tyrann, Licht, Schöpfer, Sonne

Einsteller: sophie-clark

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