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Sammlung: Paul Ernst

Saat auf Hoffnung Teil 01

1866-1933, Paul Ernst

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Erstes Kapitel

 

Der Ort Miltenberg liegt in einer angenehmen Landschaft Mitteldeutschlands. In seiner jetzigen Gestalt ist er erst seit Mitte der achtziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts entstanden.

Das mit Buchen und Fichten bewachsene kleine Gebirge läuft hier in eine weite fruchtbare Ebene aus. Das Gebirge erhebt sich fast rund. Der höchste Gipfel, der ziemlich in der Mitte liegt, wird durch Basalt gebildet. An ihn schließt sich Granit und die Ausläufer bestehen aus Sedimentgesteinen, Kalk und Sandstein. Man kann sich vorstellen, dass nach der Entstehung im Inneren des Gebirges schroffe Abhänge sind, die durch das Abfallen der Sedimente gegen den Granit und das Abfallen des Granits gegen den Basalt gebildet wurden und dass die äußersten Berge nur eine geringe Neigung haben. Da, wo zwei dieser äußersten Berge zusammenstoßen und ein nach innen spitzes, nach außen in die Ebene übergehendes Tal bilden, liegt unsere Ortschaft. Ein kleiner Fluss zieht sich langsam in anmutigen Windungen durch das Tal und vereinigt sich in der Ferne mit dem großen Strom, der die weite Ebene durchfließt. Von alters her lagen in diesem Tal zwei Güter mit zusammen etwa viertausend Morgen, von denen etwa achthundert Ackerboden waren. Das obere Gut besaß eine Familie Steinbeißer, das untere eine Familie von Medem. Die Wälder, die sich zu beiden Seiten fast von der Sohle des Tales die Berge hochzogen, gehörten den beiden Gütern und dem Staat.

Anfang der achtziger Jahre waren die Besitzer des oberen Gutes zwei Brüder, Kurt und Heinrich, die des unteren ein altes Ehepaar, die eine einzige Tochter namens Angelika hatten. Kurt Steinbeißer verheiratete sich damals mit Angelika von Medem, kurze Zeit nach der Hochzeit starben die alten Herrschaften und so kamen die beiden Güter zusammen.

Mitte der fünfziger Jahre hatte man auf dem Steinbeißerschen Gebiet, auf dem linken der beiden Berge, dem Kohlberg, Manganerz gefunden. Schon lange wurde hier im flachen Tagebau Eisenerz von Eigenlöhnern gefördert, die an die Grundbesitzer den Zehnten entrichten mussten. Seit den großen wirtschaftlichen Veränderungen aber, die den Preis des Eisens stark drückten, arbeiteten diese Betriebe zu teuer. Die Bergleute verarmten, manche von ihnen wanderten aus und als nun das Manganerzlager aufgefunden war, ließen sich nach und nach die Zurückbleibenden auf der Steinbeißerschen Braunsteingrube anwerben.

Das Erz kam nesterweise vor und der Vater der damaligen Besitzer hatte deshalb keinen großen Wert auf die Grube gelegt und sich auch wenig um den Betrieb gekümmert. Ein angestellter Direktor, den man später im Verdacht der Unterschlagung hatte, konnte nach Gutdünken wirtschaften. Und er wirtschaftete zu ungunsten der armen Bergleute, die bei übermäßig langen Schichten sehr niedrige Löhne verdienten, so dass die Miltenbergischen Knappen in der ganzen Gegend bekannt waren als ein bedrücktes, diebisches und aufsässiges Volk und von den Gutsarbeitern als eine Art von tief unter ihnen stehenden Menschen betrachtet wurden.

 

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
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  • Hinzugefügt am 11. Feb 2014 - 12:18 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Saat-auf-Hoffnung, Paul-Ernst, Roman, Gebirge, Tal

Einsteller: sophie-clark

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