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Sammlung: Joseph Conrad

Lord Jim Teil 02

1857-1924, Joseph Conrad

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Ein Wasserkommis braucht in gar keinem Fach sein Examen abzulegen, doch muss er Geschicklichkeit besitzen und sie praktisch beweisen können. Seine Arbeit besteht darin, anderen Wasserkommis unter Segel, Dampf oder Ruder den Rang abzulaufen, wenn ein Schiff vor Anker gehen will, den Kapitän freudig zu begrüßen, indem er ihm eine Karte aufzwingt, die Geschäftskarte des Schiffslieferanten und ihn bei seinem ersten Besuch an Land bestimmt, doch unauffällig, in einen höhlenartigen Laden zu steuern, der alles enthält, was an Bord gegessen und getrunken wird, wo man alles bekommen kann, um das Schiff seetüchtig und schön zu machen, von einem Satz Kettenhaken für das Ankertau bis zu einem Heft Blattgold für das Schnitzwerk des Hecks, und wo der Kapitän von einem Schiffslieferanten, den er nie zuvor gesehen hat, wie ein Bruder aufgenommen wird. Da harren seiner ein behagliches Wohnzimmer, Fauteuils, Flaschen, Zigarren, Schreibzeug, die Statuten für den Hafenverkehr und eine Wärme der Begrüßung, die danach angetan ist, das Salz einer dreimonatigen Seefahrt aus dem Herzen eines Seemanns herauszuschmelzen. Die so begonnene Bekanntschaft wird, solange das Schiff im Hafen bleibt, durch die täglichen Besuche des Wasserkommis aufrechterhalten. Dieser bringt dem Kapitän die Treue eines Freundes, die Fürsorglichkeit eines Sohnes, die Geduld eines Hiob, die selbstlose Hingabe einer Frau und die fröhliche Stimmung eines Zechkumpans entgegen. Nach einiger Zeit kommt die Rechnung. Kurzum, es ist ein schöner, menschlicher Beruf. Daher sind gute Wasserkommis selten. Wenn ein Wasserkommis, der die Geschicklichkeit  besitzt, noch dazu den Vorzug hat, für die See ausgebildet zu sein, dann wiegt ihn sein Dienstherr mit Gold auf und behandelt ihn mit großer Rücksicht. Jim bekam stets hohe Löhne und erfuhr so viel Rücksichtnahme, dass ein Stein sich davon hätte erweichen lassen. Trotzdem konnte er plötzlich alles hinwerfen und auf und davon gehen. Die Gründe, die er seinem jeweiligen Dienstherrn angab, waren keineswegs stichhaltig. Sie sagten »verflixter Narr«, sobald er ihnen den Rücken kehrte. Dies war ihr Urteil über seine hochgradige Empfindlichkeit.

 

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Joseph Conrad Biografie und Werke

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 9299
  • Hinzugefügt am 12. Mai 2022 - 19:15 Uhr

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Lord-Jim, Joseph-Conrad, kostenlos-lesen, Geschichten-aus-aller-Welt, mit-Texten-Geld-verdienen

Einsteller: sophie-clark

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