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Sammlung: Johanna Schopenhauer

Gabriele Teil 01

1766-1838, Johanna Schopenhauer

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Inhaltsangabe

 

Erster Teil

 

»Niemand liebt seine Freunde inniger als ich, mein Leben gäbe ich für sie hin, aber Unmögliches darf mir niemand zumuten.« Mit diesen Worten verließ Gräfin Eugenia ziemlich erhitzt den Salon der Gräfin Rosenberg, in dem die Hauptprobe einer für den folgenden Abend bestimmten Darstellung eines Tableaux gehalten wurde und rauschte mit einem leichten Kopfnicken an der eintretenden Aurelia vorüber. Flammend vor Zorn blieb die Gräfin Rosenberg auf ihrem königlichen Thron sitzen. Ein reichgestickter Baldachin erhob sich über ihrem Haupt, ein Purpurmantel umwallte in weiten Falten ihre majestätische Gestalt. In ihrem schwarzen Haar funkelte ein Diadem von Brillanten und ihre Hand hielt das goldene Zepter. Vor ihr stand ein mit kostbaren Teppichen und Prachtvasen geschmückter Tisch. Um sie herum waren mehrere Herren und Damen in altrömischer und ägyptischer Kleidung eifrig, aber fruchtlos bemüht, sie zu beruhigen. Die Szene spielte sich in einer alkovenartigen, von einem großen goldenen Rahmen umfassten Vertiefung der Zimmerwand ab. Verborgene Lampen gossen einen magischen Strom von Licht über sie aus. Im Zimmer selbst herrschte tiefe Dunkelheit, doch verriet ein leises Flüstern und Rauschen die Gegenwart mehrerer Personen.

Sprachlos vor Erstaunen über das ihr unbegreifliche, plötzlich hereingebrochene Unheil, blieb Aurelia, die Tochter der Gräfin, in der eben geöffneten Tür stehen. Hinter ihr stand furchtsam die sechzehnjährige Gabriele, die in diesem Moment aus der tiefsten Einsamkeit eines alten Bergschlosses angelangt war, um einige Monate im Haus ihrer Tante zu verbringen. Aurelia, ihre Cousine, hatte sie mit der Versicherung empfangen, dass sie heute ganz unter sich wären und nun stand sie da, einen freundlichen Empfang erwartend und wusste bei dem wunderlichen Anblick, der sich ihr darbot, nicht, ob sie wachte oder träumte.

»Tu mir die Liebe«, rief die Gräfin Aurelia entgegen, »tu mir die Liebe und werde morgen krank, bleib den ganzen Tag im Bett. Ich lasse alles absagen, mit deiner Geburtstagsfeier ist es vorbei. Wir haben weder ein Konzert, noch einen Ball, noch ein Tableaux. Eugenias Eigensinn vernichtet alles. Mit ihrer winzigkleinen Figur besteht sie darauf, an meiner Stelle die Kleopatra darzustellen. Und als ich ihr sage, dass das unmöglich ist und ihr die Rolle der Dienerin, die das Schmuckkästchen trägt zuteile, eilt sie davon.«

»Könnten wir nicht die Dienerin ganz weglassen?«, stammelte furchtsam ein junger Mann in römischer Tracht, der wahrscheinlich den Antonius darstellte. »Unmöglich«, erwiderte die Gräfin, »wo soll ich die kostbare Perle hernehmen, wenn das Schmuckkästchen fehlt? Und überdies ist die Figur zur Gruppierung des Ganzen unentbehrlich. Es ist vorbei!«, fuhr sie fort, indem sie sich in höchst unmutiger Stellung auf ihrenThron  zurückwarf: »Eugenia macht heute abend und morgen früh gewiss noch fünfzig Besuche um ihren Triumph zu sichern. Keine Dame wird an die Stelle treten, die sie verschmähte. Ich könnte vor Verdruss weinen«, setzte sie hinzu, das Gesicht in den Händen verbergend.

 

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 5099
  • Hinzugefügt am 15. Apr 2014 - 14:34 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Gabriele, Johanna-Schopenhauer, Roman, Liebe, Vernunftehe

Einsteller: sophie-clark

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