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Sammlung: Felix Dahn 02

Sind Götter? Teil 01

1834-1912, Felix Dahn


 

 

I

 

Es wuchs da vor bald fünfzig Wintern im Nordland ein Knabe, der hieß Halfred. Auf Island, am Hamundfjord, stand seines Vaters Hamund reiche Halle.

Damals gingen noch, wie die Heidenleute glauben, Elben und Zwerge häufig unter das Nordlandsvolk. Und viele sagten, eine Elbin, die dem starken Hamund hold gewesen, trat an des Knaben Halfred Schildwiege, strich ihm wilden Honig als erste Speise auf die Lippen und sprach:

»Harfe sollst du sieghaft schlagen,
Lieder sollst du sieghaft singen.
Sigskald sollst du sein und heißen.«

Aber das ist wohl Wahnrede der Heidenleute.

Und Halfred wuchs heran und wurde stark und schön. Er saß oft einsam auf den Klippen und horchte, wie der Wind in den Felsenspalten harfte. Und wollte seine Harfe danach stimmen. Und wurde voll Zorn, weil er es nicht konnte.

Und wenn der Zorn über seine Stirn zog, schwoll ihm die Ader an der Schläfe und es wurde es rote Nacht vor seinen Augen. 

Als sein Vater gestorben war, nahm Halfred den Hochsitz in der Halle ein.

Aber er achtete nicht darauf, das Erbe zu hegen und zu mehren. Er pflegte Harfen- und Waffenwerk. Er ersann eine neue Liedweise, »Halfreds Sang,« die allen sehr gefiel, die sie vernahmen. Und im Axtwerfen kam ihm keiner von den Islandmännern gleich. Sein Hammer schlug durch drei Schilde und er fehlte auf zwei Schiffslängen nicht mit des Hammers Beilseite eines fingerbreiten Rohrpfeils.

Sein Sinn stand nun darauf, einen Drachen zu bauen, stark und reich, eines Wikingers würdig. Darauf wollte er ausfahren, zu heeren und zu schatzen Insel und Festland, oder auch Harfe zu schlagen in den Hallen der Könige.

Und er sann in vielen Nächten, wie er das Schiff beschaffen sollte und fand keinen Rat.

Aber das Bild des Schiffes stand vor seinen Augen, wie es werden sollte, mit Steuer und mit Steven, mit Bord und mit Bug und es sollte statt eines Drachen einen Silberschwan am Steven führen.

Als er eines Morgens aus der Halle trat und nach dem Fjord ausschaute gen Norden, da lief vor Süd-Südost ein gewaltiges Meereschiff mit geschwellten Segeln in die Hamundsbucht ein,  so dass Halfred und seine Hausleute in die Waffen fuhren und hinauseilten, die Seemänner abzuwehren oder zu bewillkommnen. Immer näher trieb das Schiff, aber nicht Helm, nicht Speer blitzte an Bord und als man es anrief mit dem Heerhorn, blieb alles still. Da sprang Halfred mit seinen Gefolgen in die Boote und sie ruderten zu dem  großen Schiff und sahen, dass es ganz leer war und stiegen an Bord. Und war dies das schönste Drachenschiff, das je Segel gebauscht auf der Salzflut. Aber statt eines Drachen führte es einen Silberschwan am Steven.

 Und auch sonst glich das Schiff in allem dem Bild, das er in Nacht- und Tagträumen gesehen hatte. Vierzig Ruder in Eisenpflöcken, das Deck mit Schilden überzeltet, die Segel purpur-gestreift, der Bug mit Brandungsrunen geritzt, die Taue von Seehundsfell. Die hochgewölbten, versilberten Schwingen des Schwanes aber waren kunstvoll geschnitzt und der Wind fing sich darin mit singendem Rauschen.

Und Halfred schwang sich auf den Hochsitz am Steuerbord, auf dem lag ein purpurner Königsmantel und eine silberne Harfe mit Schwanenhaupt lehnte daran.

Und Halfred sprach:

»Singschwan sollst du heißen, mein Schiff.
Singend und sieghaft sollst du segeln.«

 Und viele sagten, die Elbin, die ihm den Namen gegeben, habe ihm den Singschwan gesendet.

Aber das ist wohl Wahnrede der Heidenleute.

Denn oft schon wurden schlecht verankerte Schiffe vom Sturm davon getragen, während die Seemänner an Land zechten.

 

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 5837
  • Hinzugefügt am 02. Jul 2014 - 13:38 Uhr

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Einsteller: sophie-clark

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