Erstes Kapitel

Die Sonne war hinter den Tiroler Alpen verschwunden, und schon begann der Mond über die niedere Fläche des Lido aufzusteigen. Gleich einem Strom, der sich durch einen engen Kanal in ein geräumiges, schäumendes Becken ergießt, zwängten sich aus den schmalen Gassen Venedigs hunderte von Fußgängern in Richtung des Markusplatzes. Stolze Cavalieri und gravitätische Cittadini, dalmatische Krieger und venezianische Matrosen, ehrsame Bürgerfrauen und Damen von hohem Stand, Juwelenhändler vom Rialto und Kaufleute aus der Levante, Juden, Türken, Christen, Reisende, Abenteurer.Kammerdiener und Gondoliere – alle zogen nach dem einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt der Erholung. Der geschäftige und der nachlässige Blick, der gemessene Schritt und das prüfende Auge, Scherz und Gelächter, der Cantatrice Lied und die Melodie der Flöte, die drolligen Gebärden eines Spaßmachers und das tragische Zürnen des Improvisators, das gezwungene melancholische Lächeln des Harfnenspieler und das Geschrei der Wasserverkäufer, Mönchskapuzen, Federbüsche – dieses Durcheinandergesumme, dieses mannigfache Hin- und Hergedränge, verbunden mit den unbeweglichen Gegenständen des Ortes, machte den Auftritt zu dem eigenartigsten, den man finden konnte.