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Sammlung: Hermann Bahr 02

Die Hexe Drut Teil 01

o. J., Hermann Bahr


 

Erstes Kapitel.

Der neue Bezirkshauptmann hielt in der Türe noch einmal, sah forschend auf den alten Amtsdiener zurück und sagte: »Ja, daß ich nicht vergess'! Sagen's einmal! Können Sie ein Radl putzen?«

Der Amtsdiener antwortete gekränkt: »Aber Herr Baron! Die Herren haben doch ein jeder ein Radl. Wär' net übel!«

»Also da kommen's dann zu mir, heute noch, Kreuzgasse vier –«

»Ich weiß«, bestätigte der Diener. »Ich weiß, Herr Baron.«

»Holen's das Radl, richten Sie's ordentlich her und stellen Sie's hier ein. Verstanden?«

»Jawohl, Herr Baron«, sagte der Diener.

Der Bezirkshauptmann trat auf ihn zu, tippte mit dem Finger auf seinen Kragen und blies ihm den Staub weg. Und er sagte: »Und dann noch etwas! Hören Sie zu! Wie haben Sie gesagt, daß Ihr Name ist?«

Der Amtsdiener meldete: »Pfandl, Herr Baron! Johann Pfandl.«

Der Bezirkshauptmann sagte: »Also, mein lieber Pfandl, merken Sie sich, daß ich hier kein Herr Baron bin, sondern der Herr Bezirkshauptmann. Im Amt gibt's keinen Baron und keinen Grafen, das könnten's schon wissen. Verstanden?«

»Jawohl, Herr Bezirkshauptmann!« sagte der Diener. »Ich habe nur gemeint, weil –«

»Meinen's nix, verehrter Herr Pfandl«, sagte der Baron. »Das müssen Sie sich bei mir abgewöhnen. Meinen's nix, sondern tun's, was man Ihnen sagt. Dann werden wir ganz gute Freunde sein, lieber Pfandl. Verstanden?«

»Jawohl, Herr Bezirkshauptmann«, sagte Pfandl.

»Und jetzt geben's mir noch ein Feuer,« fuhr Baron Furnian fort, »und dann sagen's den Herrn, daß ich morgen in der Früh um sieben komm'.«

»Um sieben?« fragte Pfandl bestürzt.

Der Baron zündete seine Zigarette an und, Ringel blasend, wiederholte er: »Um sieben, Morgenstund' hat Gold im Mund, lass' ich den Herrn sagen. Servus!«

Die Frau Pfandl fragte ihren Mann aufgeregt: »No, wie is er?«

Der Herr Pfandl sagte, gefaßt: »Wie's halt im Anfang alle sind. Da glaubt ja ein jeder, jetzt muß alles anders werden. Abwarten. Wird's auch noch billiger geben. Mir is gar net bang.«

Die Frau Pfandl sah durchs Fenster. Als der Baron auf die Straße trat, schlug sie die Hände zusammen. »Jessas! So ein schöner Mensch! Nein, so ein schöner Mensch!«

»Kurze Hosen und Wadelstrümpf', ein grünes Hütl und eine scheckige Westen,« sagte Herr Pfandl, »da seid's halt gleich verloren. Weiberleut, Weiberleut! Schad't aber gar nix, wenn für die Fremden einmal ein biss'l was g'schieht. Der kann eine Attraktion für den ganzen Ort werden. Der hat's dazu. Der wird's aufmischen. Und wir können's brauchen.«

»So ein schöner Mensch«, wiederholte Frau Pfandl, dem neuen Bezirkshauptmann nachsehend, der langsam die Straße hinaufschritt, dann aber, wo der Weg sich verengend, zur Brücke biegt, an der Ecke hielt und, die Beine gespreizt, die Hände in die Hüften gestemmt, rauchend stand. »So ein schöner Mensch! Um den wird's gut zugeh'n, Jessas! Und wär doch wirklich schad', wenn's ihn einfangen möchten.«


  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 4525
  • Hinzugefügt am 27. Feb 2014 - 21:05 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

baron, graf, anfang, mensch, hose

Einsteller: sophie-clark

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1 Kommentar

  1. sophie-clark

    Roman über die Folgen seelischer Traumatisierungen.

    27. Okt 2015 - 17:25 Uhr

 

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