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Sammlung: Adlersfeld-Ballestrem 03

Margarita Margaritarum Teil 01

o. J., Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem

Ein klarer, tiefblauer, wolkenloser Himmel; eine fast ebenso tiefblaue, spiegelglatte See; ein nach Süden zu bergig aufsteigendes Küstenland, beleuchtet von einer glorreichen Sonne, die intensiv, unbarmherzig brennend herabstrahlt,  das ist mit einem großen Zug gezeichnet der Hintergrund zum Vorspiel des seltsamen Romans einer Perle.

Die Gegend, die gemeint ist, liegt jenseits des Äquators, doch noch über dem südlichen Wendekreis an der Nordküste Australiens. Westlich vom Kap York, wo sich der große Ozean, durchsetzt von zahlreichen Korallen-Inseln, mit seiner ungeheuren Wasserfläche ausdehnt, wo im Nordwesten ein in blauem Duft verschwimmender Strich andeutet, wo Kaiser Wilhelms-Land zu suchen ist, kreuzt verstreut, begleitet von einem kleinen Schoner, eine seltsame Flotte. Das sind die Barken der Perlenfischer, die hier ihr gefahrvolles Gewerbe betreiben, hoffend, ach wie oft vergeblich, dem Ungeheuer Ozean die Schätze abzuringen, die sie unabhängig, frei, und manchmal auch reich machen können, wenn sie Glück haben. Gefährlich, mühevoll, entsagungsreich, beschwerlich ist das Gewerbe der Perlenfischer; man darf wohl sagen, dass sie Gott versuchen, so oft sie hinabtauchen in des Ozeans geheimnisvolle Tiefen, in die furchtbare, herzbeklemmende Totenstille des Meeresgrundes, der ja freilich auch eine Vegetation bietet, deren Abbildungen und Nachbildungen in Aquarien man nur mit unsagbarer Bewunderung und Staunen betrachten kann.

Der eingeborene Perlenfischer ist in Australien heutzutage nur noch eine sagenhafte Erscheinung. Er gehört der Vergangenheit an; denn die geringe Tiefe, die er mit angehaltenem Atem erreichen kann, ist längst keine Fundgrube mehr für die Juwelen des Ozeans. Die Tiefen, in welche die Perlmuschel (Meleagrina Margaritifera) sich sozusagen zurückgezogen hat, kann er nicht mehr erreichen; der Taucher in seinem sinnreichen Apparat oder ›Dreß‹ hat ihn längst überholt und verdrängt.

Trotzdem es nun aber ganze, wohlorganisierte Perlfischereigesellschaften gibt, die mit ihren Flotten an der Nordküste Australiens kreuzen, und neben diesen auch noch zahlreiche Privatboote mit ihren Tauchern in jenen Gewässern segeln, um des Meeres kostbarstem Juwel nachzustellen, so gelten die Perlbänke in und um die Torresstraße, jener Meerenge, welche Nord-Australien von Neu-Guinea trennt, noch lange nicht für erschöpft, und mancher hat sich aus ihnen schon sein Glück herausgefischt. Freilich nicht immer grade die Perlen selbst, wohl aber die Muschel, denn das verhältnismäßig wertvolle Perlmutter ist so ziemlich das einzige und wahre, wenn auch oft nur recht bescheidene Brot des Perlfischers; die Perlen selbst sind gewissermaßen die Butter auf das Brot, und wenn es auch nur die kleinen Saatperlen wären. Das Perlmutter sichert ihm den wohlverdienten Lohn, wenn er das Glück hat, Leben und Gesundheit heil von der gefahrvollen Expedition heimzubringen. Denn nicht nur, daß dem Taucher jede scharfe Klippe durch einen Riß in seinem Anzuge verhängnisvoll werden, daß die Luftpumpe versagen, der Schlauch verletzt werden kann, oder daß das Seil reißt – viele, viele andere Gefahren umringen ihn, und wenn er endlich sein Gewerbe ohne Taubheit und ohne Rheumatismus aufgeben kann, so ist er doch nach wenig Monaten ein toter Mann, falls Herz oder Lungen nur die geringsten Fehler hatten, wenn er zum ersten Male taucht.

  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 8235
  • Hinzugefügt am 20. Jan 2021 - 12:37 Uhr

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Einsteller: sophie-clark

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