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Sammlung: Friedrich von Dincklage

Anker geschlippt Teil 01

o. J., Friedrich von Dincklage


 

Geschichte eines Marineoffiziers

Aus den Schloten der »Vierlanderin«, eines jener prächtigen Dampfer der Hamburg-Amerikanischen-Paketfahrt Aktiengesellschaft, stiegen die dicken Rauchwolken zum klaren Morgenhimmel hinauf. Die Vierlanderin gehörte zu jener Klasse von Schiffen, die den Elbstrom hinaufdampfen und am Kai festmachen konnten, während die mächtigen Kolosse der neuesten Zeit bei Brunshausen zu Anker gehen müssen. Schon war das zweite Signal zur Abfahrt gegeben, und alle diejenigen, welche die Fahrt über den Ozean nicht mitzumachen beabsichtigten, beeilten sich, von Bord zu kommen – nach einem letzten Scheidekusse unter Tränen, nach kräftigem Händedrucke mit dem Wunsche »gute Fahrt« oder auch ohne irgend welche Gefühlsäußerung mit ernster Geschäftsmiene.

Die Abschiedsszenen waren beendet. Das Deck blieb dicht gefüllt mit Reisenden beider Geschlechter und jeglichen Alters. Lud doch der sonnige Märzmorgen ein, im Freien zu bleiben, während der herrlichen Elbfahrt.

Schon standen die Matrosen bereit, auf ein Zeichen des ersten Offiziers die mächtigen Trossen, mit denen die Vierlanderin am Kai festgemacht war, loszuwerfen, schon war die deutsche Flagge vorgeheißt, und eben wollte Kapitän von Delden die Treppe zur Kommandobrücke betreten, um durch ein kurzes Befehlswort in das Sprachrohr zum Maschinenraum das mächtige Fahrzeug in Bewegung zu bringen, als noch zwei Männer das Deck betraten. Des Seemanns geübter Blick erkannte sogleich, daß er nicht etwa verspätet eintreffende Passagiere vor sich habe.

»Sie wünschen, meine Herren?« fragte er kurz.

Nach höflichem Gruße, aber ohne ein Wort zu erwidern, griff der ältere der beiden Ankömmlinge in die Brusttasche seines Paletots und überreichte dem Kapitän eine Legitimationskarte.

»Ich stehe zu Diensten, Herr Kommissar,« antwortete dieser nach Einsicht des Papiers, »wen suchen sie an Bord der Vierlanderin?«

»Ich suche einen Mann,« antwortete der Beamte leise, »einen Verbrecher, dessen Signalement soeben von Berlin telegraphisch mitgeteilt wurde. Man vermutet, er habe sich nach Hamburg gewandt, um nach Amerika zu entkommen. Auf seine Verhaftung wird besonderer Wert gelegt, und noch heute soll ein Berliner Geheimpolizist hier eintreffen, dem der Mann persönlich bekannt ist. Der Verbrecher nennt sich Hausmann.«


  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 4229
  • Hinzugefügt am 08. Feb 2014 - 20:12 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

dampfer, aktiengesellschaft, brusttasche, kapitän, geste

Einsteller: sophie-clark

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