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Sammlung: Annette von Droste-Hülshoff
Die Judenbuche Teil 06
1842, Annette von Droste-Hülshoff
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Margreth schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Höre, Fritzchen, das Holz lässt unser Herrgott frei wachsen, und das Wild wechselt aus eines Herren Land in das andere, das kann niemand gehören. Doch das verstehst du noch nicht, jetzt geh in den Schuppen und hole mir Reisig.«
Friedrich hatte seinen Vater auf dem Stroh gesehen, wo er, wie man sagt, blau und fürchterlich ausgesehen haben soll. Aber davon erzählte er nie und schien ungern daran zu denken. Überhaupt hatte die Erinnerung an seinen Vater eine mit Grausen gemischte Zärtlichkeit in ihm zurückgelassen, wie nichts so fesselt wie die Liebe und Sorgfalt eines Wesens, das gegen alles übrige verhärtet scheint, und bei Friedrich wuchs dieses Gefühl mit den Jahren durch das Gefühl mancher Zurücksetzung von seiten anderer. Es war ihm äußerst empfindlich, wenn, solange er Kind war, jemand des Verstorbenen nicht allzu löblich gedachte, ein Kummer, den ihm die Nachbarn nicht ersparten. Es ist üblich in jenen Gegenden, den Verunglückten die Ruhe im Grabe abzusprechen. Der alte Mergel war das Gespenst des Brederholzes geworden, einen Betrunkenen führte er als Irrlicht mit einem Haar in den Zellerkolk, die Hirtenknaben, wenn sie nachts bei ihren Feuern kauerten und die Eulen schrieen, hörten zuweilen in abgebrochenen Tönen ganz deutlich dazwischen sein »Hör mal, feins Liseken«, und ein unprivilegierter Holzhauer, der unter der breiten Eiche eingeschlafen und dem es darüber Nacht geworden war, hatte beim Erwachen sein geschwollenes Gesicht durch die Zweige gesehen. Friedrich musste von anderen Knaben vieles darüber hören. Dann heulte er, schlug um sich und wurde bei dieser Gelegenheit jämmerlich geprügelt. Seitdem trieb er seiner Mutter Kühe allein an das andere Ende des Tales, wo man ihn oft stundenlang in derselben Stellung im Gras liegen sah.
- Text-Herkunft: Gemeinfrei
- Text-ID 9207
- Hinzugefügt am 24. Apr 2022 - 10:41 Uhr
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