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Sammlung: Adolf Stoltze
Weltstadtbilder Teil 08
1842-1933, Adolf Stoltze
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Es war das typische Berliner Heim für möblierte Herren, das er bewohnte. Zwei verschlossene und teilweise mit Mobiliar verstellte Türen führten zu vermietbaren Zimmern, während eine dritte Tür die Verbindung mit dem langen, schmalen Korridor vermittelte. In der hinteren Ecke, gegenüber dem Fenster, befand sich der übliche rostfreie Porzellanofen und unweit davon der Waschtisch mit Spiegel und das Bett mit geblümtem Vorhang, sowie ein Nachttisch, auf dem ein vernickelter Leuchter stand. Ein rotes Plüschsofa, ein ovaler Tisch, zwei Sessel und drei Stühle, ein Kleiderspind und ein altmodischer Zylinderschreibtisch ergänzten die Einrichtung. Den Boden bedeckte ein Teppich, dessen Grundfarben sich nicht mehr feststellen ließen, und an der Decke hing eine dreiarmige Gaslampe, deren abgebrochene Verzierungen durch geschickt angebrachte Papierblumen verdeckt waren. Öldruckbilder und Lithografien in gebleichten Goldrahmen, schmückten die Wände und Nippes und Gipsfiguren, unter denen Amoretten mit geschundenen Nasen und Glücksschweinchen mit abgebrochenen Schwänzen vorherrschten, die Möbel.
Das eine Zimmer nebenan, von der Wirtin der Salon genannt, weil seine Fenster zur Straßenseite lagen, und weil außer der üblichen Einrichtung noch ein Blumentisch und ein Piano darin Aufstellung gefunden hatten, wurde von zwei jungen Kaufleuten bewohnt, die allabendlich nach Kontorschluss ihren musikalischen Gefühlen mit viel Pedal und noch mehr Fehlgriffen Luft machten. Es tauchte in der Hauptstadt kein Gassenhauer auf, den sie nicht sofort ihrem Repertoir einverleibten und unzähligemale ihren Besuchen, die nicht immer aus Herren bestanden, zum Besten gaben. Das andere Zimmer war leer, sollte aber gleich nach den Feiertagen von einer ausländischen Schauspielerfamilie bezogen werden.
Holmer hatte sich noch nicht lange der beschaulichen Ruhe hingegeben, als im Salon leise die Saiten des Pianos erklangen. Erstaunt horchte er auf, da er wusste, dass seine Nachbarn verreist waren und kein Geräusch verriet, dass sich im Nebenzimmer Personen befanden.
- Text-Herkunft: Gemeinfrei
- Text-ID 6624
- Hinzugefügt am 16. Okt 2014 - 13:58 Uhr
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Weltstadtbilder, Berlin, Novelle, Adolf, Stoltze
Einsteller: sophie-clark
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