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Sammlung: Adele Schopenhauer
Das Waldmärchen Teil 04
1797-1849, Adele Schopenhauer
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»Die will ich erzählen!« rief Otto. »Nein, nein, die Tante!«, schrien und baten die Kleinen, »die liebe, liebe Geschichte mit dem Oberförster!«
Und die gute Tante fing an: »Es war also von dem gewaltigen Grafenstamm, dem der Boden gehörte, auf dem die alte Eiche stand, niemand mehr übrig. Da kam ein junger Mann aus Ungarn in das Land und verdingte sich als Lehrbursche in die Försterei, die zum Gut gehörte, das nun an eine Seitenlinie des Hauses, entfernten Vettern, zugefallen war. Der alte Förster, ein eigensinniger, harter Mann, konnte die neue Herrschaft nicht leiden, darum vernachlässigte er auch alles in seinem Amt, was nicht ins Auge fiel, und tat nur das unumgänglich Nötige. Elmrich, der neue Lehrbursche, war flink, tätig, aber leichten Sinnes und tat das Notwendige zuletzt. Dagegen liebte er das Schöne und Wunderbare im Wald, pflegte und schonte die Blumen und freute sich der jüngsten Bäumchen, wenn sie nur schlank und frisch waren und anmutig vom Hauch des Windes hin und her schwankten. Darum zog er auch die Erlen, Espen und Birken allen anderen vor. Auch jagen mochte er gern, schoss aber nur das alte, kluge Wild, gegen das er einen Kampf zu bestehen hatte, am liebsten das wilde Schwein. Die jungen Rehe aber fütterte er, zähmte sie leicht und unterhielt sich oft stundenlang mit ihnen. Bei all seinem Frohsinn war er ein Träumer, ging gern den ganzen Tag hindurch von einem Revier zum anderen, saß aber dann auch oft stundenlang sinnend und träge am Fuß eines alten Stammes und sah ins Blaue.
Seltsam war es, dass, obwohl der junge Bursche, lustig und träumerisch zugleich, oft ein wenig faul war, doch von dem Augenblick an, da er in den Dienst kam, der Forst zu wachsen und zu gedeihen begann wie nie zuvor. Es hatten nie so viele Blumen zwischen Moosen und Farnkräutern geblüht, der Rasen an den Lichtungen war nie so dicht und grün gewesen, die Bäume hatten nie so unbegreiflich schöne Kronen gehabt. Es war als wenn die Sonne wärmer schien, wo er hintrat, so wunderbar gedieh alles um ihn her. Elmrich achtete nicht darauf. Aber in seinen Träumen dachte er nicht an den Wald. Er dachte an prächtige Feste in goldblitzenden Schlössern, an schöne Frauen und zahllose Gäste, an Pferde und glänzenden Schmuck, an Samt und Perlen, aber nicht an die weißen schwankenden Birken, nicht an den grünen Samt des Rasens, auf dem er lag, nicht an die Tautropfen, die den Primeln wie Perlen in den bunten Blumenöhrchen hingen.
- Text-Herkunft: Gemeinfrei
- Text-ID 8578
- Hinzugefügt am 13. Sep 2021 - 21:32 Uhr
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Wald, Elf, Märchen, Adele, Schopenhauer
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