An der Schwelle des Lebens

Dichter Rauch strich durch den kleinen Saal und durchwob ihn mit bläulichem Licht. An drei langen Tischen, die zu einem Hufeisen zusammengerückt waren, saßen etwa vierzig junge Leute mit geröteten Gesichtern vor ihren Biergläsern. Sie tranken sich geräuschvoll zu und klappten nach vollbrachtem Zug knallend mit den Deckeln der Gläser. Fast alle hatten Zigaretten im Mund und bliesen die Rauchwolken selbstbewusst gegen die Decke oder dem Nachbarn ins Gesicht.

Die Jünglinge feierten ihren Abgang vom Gymnasium. Die Professoren hatten sich entfernt, als der Uhrzeiger über die Zwölf hinausgeschritten war und nachdem sie mit weiser Rücksichtnahme auf den Magen und den folgenden Tag die übliche Mehlsuppe in sich hineingelöffelt hatten. Eben war der "Mops", der Spaßhafteste von ihnen, durch die Tür verschwunden. Er hatte trotz seiner sechzig Jahre die Feiergemeinde mit etwas übertriebenem Jugendfeuer geleitet und vor dem Weggehen die Präsidialwürde dem Primus der Klasse, Karl Simmler, übertragen. In einer Ecke fing man an zu summen: »Wir wünschen eine Antrittsrede ...« und bald gröhlte das ganze Hufeisen die paar dürftigen Worte und Noten durcheinander. Karl Simmler rutschte hilflos auf seinem Stuhl hin und her. Was sollte er nun tun? Er hatte sich ja nicht vorbereitet. Sein Maturitätsaufsatz fuhr ihm wie eine Erlösung durch den Sinn, der konnte helfen. Er schoss von seinem Stuhl auf und posaunte: »Das Leben ist der Güter höchstes nicht ...«

»Dann kauf einen Strick!«, rief ihm eine näselnde Stimme zu. Allgemeines Gelächter. Der Primus wurde fassungslos. Wut erfasste ihn gegen die Lacher, denen er sich weit überlegen fühlte. Er setzte wieder an: »Das Leben ist der Güter höchstes nicht ...

»Verkauft man es in Metern oder Litern?«, näselte es ihm wieder entgegen.

»Schiller will sagen...«

»Wir wollen dich hören, nicht Schiller!«

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