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Sammlung: Friedrich Schiller

Kabale und Liebe Teil 03

1784, Friedrich Schiller

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Inhaltsangabe

 

Dritte Szene

Luise Miller kommt, ein Buch in der Hand. Vorige.

Luise (legt das Buch beiseite, geht zu Miller und drückt ihm die Hand). Guten Morgen, lieber Vater.

Miller (warm). Brav, meine Luise. Freut mich, dass du so fleißig an deinen Schöpfer denkst. Bleib immer so und seine Hand wird dich halten.

Luise. O! Ich bin eine große Sünderin, Vater. War er da, Mutter?

Frau. Wer, mein Kind?

Luise. Ach! Ich vergaß, dass es noch andere Menschen gibt. Mein Kopf ist so wüst. Er war nicht da? Walter?

Miller (traurig und ernsthaft). Ich dachte, meine Luise hätte den Namen in der Kirche gelassen?

Luise (nachdem sie ihn eine Zeitlang starr angesehen). Ich verstehe ihn, Vater, fühle das Messer, das er in mein Gewissen stößt. Aber es kommt zu spät. Ich habe keine Andacht mehr, Vater. Der Himmel und Ferdinand reißen an meiner blutenden Seele und ich fürchte...ich fürchte...(Nach einer Pause.) Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn über dem Gemälde vernachlässigen, findet sich ja der Künstler am höchsten gelobt. Wenn meine Freude über sein Meisterstück mich ihn selbst übersehen macht, Vater, muss das Gott nicht ergötzen?

Miller (wirft sich unmutig in den Stuhl). Da haben wir's! Das ist die Frucht von dem gottlosen Lesen.

Luise (tritt unruhig an ein Fenster). Wo er wohl jetzt ist? Die vornehmen Fräulein, die ihn sehen, ihn hören. Ich bin ein schlechtes, vergessenes Mädchen. (Erschrickt an dem Wort und stürzt auf ihren Vater zu.) Doch nein, nein! Verzeih' Er mir. Ich beweine mein Schicksal nicht. Ich will ja nur an ihn denken, das kostet ja nichts. Dieses bisschen Leben, dürfte ich es hinhauchen in ein leises, schmeichelndes Lüftchen, sein Gesicht abzukühlen. Dies Blümchen Jugend, wäre es ein Veilchen und er träte darauf und es dürfte bescheiden unter ihm sterben! Das genügt mir, Vater! Wenn die Mücke in ihren Strahlen sich sonnt, kann sie das strafen, die stolze majestätische Sonne?

Miller (beugt sich gerührt an die Lehne des Stuhls und bedeckt das Gesicht). Höre, Luise, mein Leben, ich gäbe es hin, hättest du den Major nie gesehen.

Luise (erschrocken). Was sagt Er da? Was? Nein, er meint es nicht so, der gute Vater. Er wird nicht wissen, dass Ferdinand mein ist, mir geschaffen, mir zur Freude vom Vater der Liebenden. (Sie steht nachdenkend.) Als ich ihn das erstemal sah...(rascher) und mir das Blut in die Wangen stieg, froher jagten alle Pulse, jede Wallung sprach, jeder Atem lispelte: Er ist es! Und wie das wiederklang durch die ganze mitfreuende Welt! Damals, o damals ging in meiner Seele der erste Morgen auf. Tausend Gefühle schossen aus meinem Herzen, wie die Blumen aus dem Erdreich, wenn es Frühling wird. Ich sah keine Welt mehr und doch besinne ich mich, dass sie niemals so schön war. Ich wusste von keinem Gott mehr und doch hatte ich ihn nie so geliebt.

Miller (tritt auf sie zu, drückt sie an seine Brust). Luise, teures, herrliches Kind, nimm meinen alten mürben Kopf. Nimm alles, alles! Den Major, Gott ist mein Zeuge, ich kann dir ihn nicht geben. (Er geht ab.)

Luise. Auch will ich ihn ja jetzt nicht, mein Vater! Dieser karge Tautropfen Zeit, schon ein Traum von Ferdinand trinkt ihn wollüstig auf. Dann, Mutter, dann wenn die Schranken des Unterschieds einstürzen. Wenn von uns abspringen all die verhassten Hülsen des Standes, Menschen nur Menschen sind. Ich bringe nichts mit mir, als meine Unschuld. Aber der Vater hat ja so oft gesagt, dass der Schmuck und die prächtigen Titel wohlfeil werden, wenn Gott kommt und die Herzen im Preis steigen. Ich werde dann reich sein. Dort rechnet man Tränen für Triumphe und schöne Gedanken für Ahnen an. Ich werde dann vornehm sein, Mutter. Was hätte er dann noch vor seinem Mädchen voraus?

Frau (fährt in die Höhe). Luise! Der Major! Er springt über die Planke. Wo verberge ich mich?

Luise (fängt an zu zittern). Bleib Sie doch, Mutter!

Frau. Mein Gott! Wie sehe ich aus! Ich muss mich ja schämen. Ich darf mich nicht so vor seiner Gnaden sehen lassen. (Ab.)

 

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 8947
  • Hinzugefügt am 10. Mär 2022 - 08:47 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Kabale-und-Liebe, Friedrich-Schiller, Tragödie, Intrige, Standesunterschied

Einsteller: sophie-clark

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