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Sammlung: Friedrich Schiller

Kabale und Liebe Teil 02

1784, Friedrich Schiller

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 Inhaltsangabe

 

Zweite Szene.

Sekretär WurmDie Vorigen.

 

Frau. Ah, guten Morgen, Herr Sekretär! Hat man auch einmal wieder das Vergnügen mit Ihnen?

Wurm. Meinerseits, meinerseits! Wo eine Kavaliersgnade einspricht, kommt mein bürgerliches Vergnügen in gar keine Rechnung.

Frau. Was Sie nicht sagen, Herr Sekretär! Des Herrn Majors von Walter hohe Gnaden machen uns wohl das Pläsier, doch verachten wir darum niemand.

Miller (verdrießlich). Dem Herrn einen Sessel, Frau. Wollen Sie ablegen?

Wurm (legt Hut und Stock weg, setzt sich). Nun! Nun! Und wie befindet sich denn meine Zukünftige? Kriegt man sie nicht zu sehen, Mamsell Luise?

Frau. Danke der Nachfrage, Herr Sekretär. Sie ist eben in der Messe, meine Tochter.

Wurm. Das freut mich, freut mich. Ich werde mal eine fromme, christliche Frau an ihr haben.

Frau (lächelt dumm-vornehm). Ja... aber, Herr Sekretär...

Miller (in sichtbarer Verlegenheit). Frau!

Frau. Wenn Ihnen unser Haus sonst irgendwo dienen kann... mit allem Vergnügen, Herr Sekretär...

Wurm (macht falsche Augen). Sonst irgendwo! Schönen Dank! Schönen Dank! Hem! Hem! Hem!

Frau. Aber... wie der Herr Sekretär selber die Einsicht werden haben...

Miller Frau!

Frau. Gut ist gut und besser ist besser. Und seinem einzigen Kind mag man doch auch nicht vor seinem Glück sein. (Bäurisch-stolz.) Sie werden mich ja doch wohl merken, Herr Sekretär?

Wurm (rückt unruhig im Sessel, kratzt hinter den Ohren und zupft an Manschetten und Jabot). Merken? Nicht doch! O ja! Wie meinen Sie denn?

Frau. Nun, nun. Ich dachte nur... ich meine, (hustet) weil eben halt der Herr Major meine Tochter partout zur gnädigen Madam will haben...

Wurm (fährt vom Stuhl). Was sagen Sie da? Was?

Miller. Bleiben sitzen! Bleiben sitzen, Herr Sekretär! Albernes Weibergewäsch. Wo soll eine gnädige Madam herkommen? Was für ein Esel streckt sein Langohr aus diesem Geschwätz?

Frau. Schmähl du, so lang du willst. Was ich weiß, weiß ich und was der Herr Major gesagt hat, das hat er gesagt.

Miller Kehren Sie sich an dem Geklatsch nicht, Herr Sekretär. Frau, du gehst wohl besser in deine Küche! Werden mich doch nicht für des Dummkopfs leiblichen Schwager halten, dass ich obenaus will mit dem Mädel? Werden doch das nicht von mir denken, Herr Sekretär?

Wurm. Auch habe ich es nicht um Sie verdient, Herr Musikmeister. Sie haben mich jederzeit den Mann von Wort sehen lassen und meine Ansprüche auf Ihre Tochter waren so gut wie unterschrieben. Ich habe ein Amt, das seinen guten Haushälter nähren kann, der Präsident ist mir gewogen, an Empfehlungen kann es nicht fehlen, wenn ich mich höher postitionieren will. Sie sehen, dass meine Absichten auf Mamsell Luise ernsthaft sind, wenn Sie vielleicht von einem adeligen Windbeutel herumgeholt...

Miller. Lassen Sie es gut sein, Herr Sekretär! Es bleibt beim Alten. Was ich Ihnen vergangenen Herbst zum Bescheid gab, bringe ich heute wieder. Ich zwinge meine Tochter nicht. Stehen Sie ihr an, so mag sie zusehen, wie sie glücklich mit Ihnen wird. Schüttelt sie den Kopf, so stecken Sie den Korb ein und trinken eine Bouteille mit dem Vater. Das Mädel muss mit Ihnen leben, nicht ich. Warum soll ich ihr einen Mann, den sie nicht schmecken kann, aus purem klarem Eigensinn an den Hals werfen? Dass mich der böse Feind in meinen eisgrauen Tagen noch wie sein Wild herumhetzt und ruft: Du bist der Spitzbube, der sein Kind ruiniert hat.

Wurm. Ein väterlicher Rat vermag bei der Tochter viel und hoffentlich werden Sie mich kennen, Herr Miller?

Miller. Das Mädel muss Sie kennen. Was ich an Ihnen sehe, ist just kein Fressen für das junge naschhafte Mädel. Ich will Ihnen auf den Kopf hin sagen, dass Sie ein Mann fürs Orchester sind, aber eine Frauenseele ist auch für einen Kapellmeister zu spitzig. Und dann von der Brust weg, Herr Sekretär: Ich bin halt ein plumper gerader deutscher Kerl, für meinen Rat würden Sie sich wenig bedanken. Ich rate meiner Tochter zu keinem. Aber Sie missrate ich meiner Tochter, Herr Sekretär! Lassen Sie mich ausreden. Einem Liebhaber, der den Vater zu Hilfe ruft, traue ich, erlauben Sie, Herr Sekretär, keine hohle Haselnuss zu. Ist er was, so wird er sich schämen, seine Talente durch diesen altmodischen Kanal vor seine Liebste zu bringen. Hat er die Courage nicht, so ist er ein Hasenfuß und für den ist meine Luise nicht zu haben.

Wurm (greift nach Hut und Stock und zum Zimmer hinaus). Obligation, Herr Miller!

Miller (geht ihm langsam nach). Für was? Für was?  Sie haben ja doch nichts genossen, Herr Sekretär! (Zurückkommend.) Nichts hört er und hin zieht er. Ist   es mir doch wie Gift, wenn ich den Federfuchser zu Gesicht kriege. Ein konfiszierter widerwärtiger Kerl, als hätte ihn irgendein Schleichhändler in die Welt meines Herrgotts hineingeschachert. Die kleinen tückischen Mausaugen, das Kinn herausgequollen, gerade als wenn die Natur vor purem Gift über das verhunzte Stück Arbeit meinen Schlingel da angefasst und in irgend eine Ecke geworfen hätte. Nein! Ehe ich meine Tochter an so einen Schuft wegwerfe, lieber soll sie mir... Gott verzeih es mir...!

Frau (spuckt aus, giftig). Der Hund! Aber man wird dir das Maul sauber halten!

Miller. Du aber auch mit deinem pestilenzialischen Junker! Was hat das Getratsch von einer gnädigen Madam und deiner Tochter da vorstellen sollen? Das ist mir der Alte! Dem muss man so was an die Nase heften, wenn es morgen am Marktbrunnen ausgerufen sein soll. Das ist just so ein Musje, wie sie in der Leute Häusern herumriechen, über Keller und Koch räsonieren und springt einem ein nasenweises Wort übers Maul... Bumms! Haben's Fürst, Mätresse und Präsident und du hast das siedende Donnerwetter am Hals.

 

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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 8927
  • Hinzugefügt am 03. Mär 2022 - 12:03 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Kabale-und-Liebe, Friedrich-Schiller, Tragödie, Intrige, Standesunterschied

Einsteller: sophie-clark

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