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Sammlung: Gustav Schwab
Wanderungen durch Schwaben Teil 01
1792-1850, Gustav Schwab
Cannstatt mit dem Rosenstein und Stuttgart
Unsre Galerie malerischer Gegenden aus Schwaben eröffnet sich mit einem Tale, über welches eine südlichere Natur das Füllhorn ihres Segens ausgegossen zu haben scheint. Schon der alte Hübner in seinem jetzt hundertjährigen Zeitungslexikon sagt: »Cannstatt ist nach Stuttgart und Tübingen eine der feinesten Städte im Württembergischen.« Er konnte mit diesem rühmlichen Prädikate keineswegs unmittelbar das Städtchen Cannstatt selbst bezeichnen wollen, denn dieses ist ein unansehnliches, in seinem Innern nichts weniger als »feines« Landstädtchen, von dessen Einrichtung zu Hübners und zu unsrer Zeit galt und gilt, was schon zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts Martin Crusius in seiner Chronik vorgemerkt hat: »Die Häuser von Cannstatt sind nicht zur Pracht, sondern zum Gebrauch gebaut.« Jenes Lob kann also nur der Umgegend gelten, und diese verdient es auch in vollem Maße. Der Teil des Neckartals, in dessen Schoße Cannstatt liegt, gehört nicht zu den großartigeren, wohl aber zu den freundlichsten und fruchtbarsten von ganz Schwaben. Das üppigste Rebenlaub kleidet seine sonnigen Hügel, deren Höhen und tiefere Taleinschnitte wuchernde Obstgärten oder vielmehr Obstwälder bedecken und ausfüllen; breite Weidenpflanzungen auf frischen grünen Wiesen ziehen sich zu beiden Seiten der Flußufer hin und machen, in der Nähe zahlreicher und lachender Ortschaften, Gärten und Äckern, wohl auch Weinpflanzungen Platz; einzeln auf Hügeln stehende Kirchen, zu welchen nur die letzten Häuser der Dörfer sich emporziehen, erinnern, mitten im protestantischen Lande, an die alte katholische Zeit, aus der wohl auch einmal die einsame Kapelle eines verschwundenen Dorfes übrig geblieben ist; einige Dörfer sind, wie die Städte Italiens, ganz auf Hügeln gelagert; die neueste Zeit hat diesem lachenden Gemälde Landhäuser, Tempel, Badehallen und Pavillons hinzugefügt, und das unscheinbare Cannstatt selbst verschwindet unter einer Umkleidung von schmucken Vorwerken, Gasthöfen, Badehäusern, Fabriken und vor einergewerbreichen, an Bauten von Jahr zu Jahr wachsenden Vorstadt jenseits des Neckars, die binnen Jahresfrist mit der Stadt selbst durch die massivste und schönste Steinbrücke des Landes verbunden sein wird.
- Text-Herkunft: Gemeinfrei
- Text-ID 4418
- Hinzugefügt am 17. Feb 2014 - 11:11 Uhr
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Einsteller: sophie-clark
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