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Karl Federn 03 /Herr und Diener Teil 01

Sammlung: Karl Federn 03

Herr und Diener Teil 01

1868-1943, Karl Federn

Das Grundstück Piero Aribertis zinste an die Grafen von Laorca. Das heißt, eigentlich zinste es an das Kloster von San Gervasio, mit dem die von Laorca seit zweihundert Jahren in Streit lagen. Der letzte Abt hatte gegen den Grafen Guido Laorca beim kirchlichen wie beim kaiserlichen Gerichte gesiegt und die Gerechtsame über das Tal zugesprochen erhalten; er hatte das Urteil, gegen das es keine Berufung mehr gab, auf Pergament mit dem kaiserlichen wie mit dem erzbischöflichen Siegel; aber das hinderte nicht, daß die Waffenknechte des Grafen den Klostervogt und seine Leute, wenn sie sie irgend im Tal erblickten, mit den Lanzenschäften davontrieben. Und als Guidos Sohn, Guidotto, ein so gewaltiger Kriegsmann geworden, daß er die benachbarten Städte, eine nach der andern, unter seine Herrschaft zwang, da mußte das Kloster selbst sich in sie fügen, wie gar Piero Ariberti, der, obschon er kein furchtsamer Mann war, sich gleich seinen Vorvätern nach Möglichkeit mit beiden zu verhalten gesucht hatte. Er zinste also dem Grafen und stellte ihm die Knechte und Gäule, die er forderte; aber er schickte, wenn der Wein gut geriet, gern ein Faß davon in die Abtei, und hatte dort ein schönes Glasfenster gestiftet, das in leuchtendem Gelb und Blau und Rot das Martyrium des heiligen Gervasius darstellte; und so oft Gefahr drohte, hatte er seine Kinder, wie das Geld, das seine vielen Geschäfte ihm trugen, nach den fest ummauerten Wirtschaftsgebäuden des Klosters gebracht, das gleich einer getürmten Festung in den Bergen lag.

Als sein Sohn Ariberto Ariberti fünfzehn Jahre alt war, brachte er ihn nach Laorca, damit er in den Dienst des Grafen trete, denn der Knabe hatte Lust und Eignung zum Waffenhandwerk. Er schien von zartem Bau, war jedoch sehnig und zähe; sein Gesicht war schmal und zierlich, und seine Lippen, die meist geschlossen waren, konnten sich, wenn er einem andern wohlgesinnt war, unversehens zu einem lieblichen Lächeln öffnen.

Guidotto Laorca stand auf den Steinfliesen der Halle; er trug ein violettes Wams und eine offene Pelzjacke darüber, denn es war ein kalter Wintertag; in seinem Gürtel hing ein Dolch, dessen Griff ein aus grünem Stein geschnittener Drache war, und er wärmte seine Hände über einem offenen Kohlenbecken. Er sprach lange mit Piero Ariberti und warf von Zeit zu Zeit rasche Blicke auf den Knaben, der bescheiden wartend in Entfernung stand und seinen künftigen Herrn beobachtete, um seine Blicke rasch zu senken, wenn dessen unruhige Augen nach ihm sahen.


  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 5228
  • Hinzugefügt am 28. Apr 2014 - 13:20 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

grundstück, graf, kloster, stadt, wein

Einsteller: sophie-clark

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1 Kommentar

  1. sophie-clark

    Im nächsten Teil:Das Böse ist unterwegs

    17. Dez 2015 - 15:46 Uhr

 

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Prosa > Epik > NovelleKarl Federn | in: Karl Federn 03 | 1868-1943

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