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Sammlung: Alexander Puschkin

Der Stationsvorsteher Teil 01

1799-1837, Alexander Puschkin

Wer hat noch nicht auf die Stationsaufseher geflucht, wer sich noch nicht mit ihnen herumgeschlagen? Wer hat von ihnen im Augenblick des Zorns noch nicht das ominöse Buch verlangt, um in dasselbe eine zwecklose Beschwerde über Schikanen, Grobheiten und Unpünktlichkeit einzutragen? Wer hält sie nicht für Verbrecher am Menschengeschlecht, ähnlich den Rechtsverdrehern an den alten Gerichten oder wenigstens den Räubern von Murom? Wollen wir jedoch gerecht sein und uns in ihre Lage versetzen, dann werden wir sie vielleicht viel nachsichtiger beurteilen. Was ist so ein Stationsaufseher? Ein wahrer Märtyrer der vierzehnten Beamtenklasse, durch seinen Rang nur vor Schlägen geschützt, und auch das nicht immer (ich appelliere an das Gewissen meiner Leser). Wie ist das Amt dieses »Diktators«, wie ihn der Dichter Fürst Wjasemskij im Scherz nennt? Ist es nicht eine wahre Zuchthausstrafe? Keine Ruhe bei Tag und Nacht. Den ganzen Ärger, der sich während der langen langweiligen Fahrt angesammelt hat, läßt der Reisende an ihm aus. Das Wetter ist unerträglich, der Weg schrecklich, der Postkutscher eigensinnig, die Pferde wollen nicht laufen..., schuld hat aber an allem der Stationsaufseher. Betritt der Reisende seine ärmliche Behausung, so sieht er ihn gleich als einen Feind an. Es ist noch gut, wenn er den ungebetenen Gast schnell abfertigen kann. Wenn aber zufällig keine Pferde da sind? Mein Gott, was für Flüche, was für Drohungen fallen ihm dann auf das Haupt! Bei Regen und Schmutz muss er auf der Suche nach Pferden von Hof zu Hof laufen. Bei Sturm und bei Dreikönigsfrost geht er auf den Flur hinaus, um sich nur für einen Augenblick vom Geschrei und den Püffen des wütenden Gastes zu erholen. Ein General kommt gefahren, der zitternde Stationsaufseher muss ihm die beiden letzten Troikas geben, darunter auch die für die Kuriere bestimmte. Der General fährt weiter, ohne sich bedankt zu haben. Nach fünf Minuten wieder ein Glöckchen und der Feldjäger wirft ihm seine Ordre auf den Tisch. Wenn wir dies alles genau bedenken, wird sich unser Herz eher mit aufrichtigem Mitleid als mit Empörung füllen.

  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 6945
  • Hinzugefügt am 08. Nov 2014 - 11:38 Uhr

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Stationsvorsteher, Erzählung, Alexander, Puschkin, Gast

Einsteller: sophie-clark

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