Text search

Collection: Büchner, Briefe 1836-1837

05 An die Braut

1837-01-20, Georg Büchner

<- previous text next text ->

Persönlich Redigiert

Zürich, den 20. Januar 1837

Ich habe mich verkältet und im Bett gelegen. Aber jetzt ist's besser. Wenn man so ein wenig unwohl ist, hat man ein so groß Gelüsten nach Faulheit; aber das Mühlrad dreht sich als fort ohne Rast und Ruh ... Heute und gestern gönne ich mir jedoch ein wenig Ruhe und lese nicht; morgen geht's wieder im alten Trab, Du glaubst nicht, wie regelmäßig und ordentlich. Ich gehe fast so richtig wie eine Schwarzwälder Uhr. Doch ist's gut: auf all das aufgeregte geistige Leben Ruhe, und dabei die Freude am Schaffen meiner poetischen Produkte. Der arme Shakespeare war Schreiber den Tag über und mußte nachts dichten, und ich, der ich nicht wert bin, ihm die Schuhriemen zu lösen, hab's weit besser ... Lernst Du bis Ostern die Volkslieder singen, wenn's Dich nicht angreift? Man hört hier keine Stimme; das Volk singt nicht, und Du weißt, wie ich die Frauenzimmer liebhabe, die in einer Soiree oder einem Konzerte einige Töne totschreien oder winseln. Ich komme dem Volk und dem Mittelalter immer näher, jeden Tag wird mir's heller — und gelt, Du singst die Lieder? Ich bekomme halb das Heimweh, wenn ich mir eine Melodie summe ... Jeden Abend sitz ich eine oder zwei Stunden im Kasino; Du kennst meine Vorliebe für schöne Säle, Lichter und Menschen um mich.
 
 

Views: 44 | Downloads: 0 | One person likes this text

<- previous text next text ->

Related search terms

Georg, Büchner, Straßburg, 1837, Biedermeier, Gesellschaft, Deutschland, 19., Jahrhundert, Brautpaar, Erkältung, Krankheit

Uploader: klassiker

Comment

No comments posted yet.

 

All texts of collection "Büchner, Briefe 1836-1837"

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1836-10-26

01 An die Familie

more…

Zürich, den 26. Oktober 1836 Wie es mit dem Streite der Schweiz mit Frankreich gehen wird, weiß der Himmel. Doch hörte ich neulich jemand

 

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1836-11-20

02 An die Familie

more…

Zürich, den 20. November 1836 Was das politische Treiben anlangt, so könnt Ihr ganz ruhig sein. Laßt Euch nur nicht durch die

 

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1836-11

03 An Wilhelm Büchner

more…

Zürich, Ende November 1836 Ich sitze am Tage mit dem Skalpell und die Nacht mit den Büchern.  

 

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1837-01-13

04 An die Braut

more…

Zürich, den 13. Januar 1837 Mein lieb Kind ! Ich zähle die Wochen bis zu Ostern an den Fingern. Es wird immer öder. So im Anfange

 

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1837-01-20

05 An die Braut

more…

Zürich, den 20. Januar 1837 Ich habe mich verkältet und im Bett gelegen. Aber jetzt ist's besser. Wenn man so ein wenig unwohl ist, hat

 

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1837-11-27

06 An die Braut

more…

Zürich, den 27. Januar 1837 Mein lieb Kind, Du bist voll zärtlicher Besorgnis und willst krank werden vor Angst; ich glaube gar, Du

 

Prosa > Nonfiction > LetterGeorg Büchner | in: Büchner, Briefe 1836-1837 | 1837

07 An die Braut

more…

Zürich, 1837 [Ich werde] in längstens acht Tagen »Leonce und Lena« mit noch zwei anderen Dramen erscheinen lassen.