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Collection: Adolf Stoltze

Weltstadtbilder Teil 15

1842-1933, Adolf Stoltze

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»Ich weiß es nicht, glaube es aber nicht, obwohl er schon um sieben Uhr heute früh das Haus verließ. Angeblich um bei einer Festfahrt zum Müggelsee zu musizieren. Vor zwei Uhr nachts wird er nicht wiederkommen.«

Ein fortgesetztes Geklingel an der Vorplatztür machte der Unterhaltung ein jähes Ende. Frau Lampart erhob sich, um nachzusehen, wer so beharrlich Einlass begehrte, und auch Holmer trat auf den Flur hinaus.

»Wie lange soll ich wohl warten, bis es dir beliebt aufzumachen?«, schnauzte ein hagerer Mann, mit einem erdfahlen Gesicht und angegrautem Bart- und Kopfhaar die erschrockene Frau an, als sie die Tür öffnete, und schob sich dann schwankenden Schrittes, einen abgeschabten Violinkasten unterm Arm, in den Korridor.

»Du schon, Wilhelm!«, rief Frau Lampart, und ein Frösteln durchrieselte ihren Körper. »Du wolltest doch zum Müggelsee.«

»Wollt ich! Aber die Lumpen sind ohne mich von der Innnowitzer Brücke abgefahren!«

»Und da hast du zehn Stunden gebraucht wieder nach Hause zu kommen?«

»Ausgerechnet!«, platzte er heraus und sah sie höhnisch an. »Kümmert es dich etwas, oder einen deiner Zimmerfaxen...pardon, Zimmerherren?«, verbesserte er sich mit einem blöden Lächeln, als er Holmer bemerkte, der noch im Flur stand. »Ist wohl der Herr, der Geschichten schreibt?«

Seine Frau gab keine Antwort, sondern betrachtete ihn mit dem Ausdruck der Verachtung, wie er, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, vergebliche Versuche machte, sich ein würdevolles Ansehen zu geben. »Wo hast du deine Kaisernadel gelassen?«, fuhr sie plötzlich erregt auf.

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Weltstadtbilder, Novelle, Adolf, Stoltze, Berlin

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