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Sammlung: Peter Rosegger 02

Als ich die Christtagsfreude holen ging Teil 01

o. J., Peter Rosegger

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In meinem zwölften Lebensjahr wird es gewesen sein, als mich am frühen Morgen des heiligen Christabends mein Vater an der Schulter rüttelte und sagte, ich solle aufwachen und zur Besinnung kommen, er habe mir etwas zu sagen. Die Augen waren bald offen, aber die Besinnung! Als ich angezogen war und bei der Frühsuppe saß, verlor sich die Schlaftrunkenheit allmählich und nun sprach mein Vater: »Peter, jetzt höre, was ich dir sage. Da nimm einen leeren Sack, denn du wirst etwas heimtragen. Nimm meinen Stecken, denn es ist viel Schnee und nimm eine Laterne, denn der Pfad ist schlecht und die Stege sind vereist. Du musst hinuntergehen nach Langenwang. Den Holzhändler Spreitzegger in Langenwang, den kennst du, der ist mir noch immer das Geld schuldig. Zwei Gulden und sechsunddreißig Kreuzer für den Lärchenbaum. Ich lasse ihn darum bitten. Klopf schön höflich an und nimm den Hut ab, wenn du in sein Zimmer trittst. Mit dem Geld gehst du nachher zum Kaufmann Doppelreiter und kaufst zwei Maß Semmelmehl und zwei Pfund Rinderschmalz und für zwei Groschen Salz und das trägst du heim.«

Jetzt war aber auch meine Mutter zugegen, ebenfalls schon angekleidet, während meine sechs jüngeren Geschwister noch ringsum an der Wand in ihren Bettchen schliefen.

Die Mutter sprach wie folgt:

»Mit Mehl und Schmalz und Salz allein kann ich kein Christtagsessen richten. Ich brauche dazu noch Bierhefe für einen Groschen, Rosinen für fünf Kreuzer, Zucker für fünf Groschen, Safran für zwei Groschen und Gewürz für zwei Kreuzer. Etliche Semmeln werden auch sein müssen.«

»So kaufst du es«, setzte der Vater ruhig bei. »Und wenn dir das Geld zu wenig wird, dann bittest den Herrn Doppelreiter, er möchte die Sachen derweil aufschreiben und zu Ostern will ich schon fleißig zahlen. Eine Semmel kannst du unterwegs selber essen, weil du vor Abend nicht heimkommst. Und jetzt kannst du gehen, es wird schon fünf Uhr und dass du noch zur Acht-Uhr-Messe kommst in Langewang.«

Das war alles gut und recht. Den Sack band mein Vater mir um die Mitte, den Stecken nahm ich in die rechte Hand, die Laterne mit der frischen Talgkerze in die linke und so ging ich davon, wie ich zu jener Zeit in Wintertagen oft davongegangen war. Der durch wenige Fußgänger ausgetretene Pfad war holperig im tiefen Schnee und es ist nicht immer leicht, nach den Fußstapfen unserer vorderen zu wandeln, wenn diese zu lange Beine gehabt haben. Noch nicht dreihundert Schritte war ich gegangen, da lag ich auch schon im Schnee und die Laterne, hingeschleudert, war ausgelöscht.

Ich suchte mich langsam zusammen und schaute in die wunderschöne Nacht. Anfangs war sie ganz grausam finster, doch allmählich hub der Schnee an, weiß zu werden und die Bäume schwarz und in der Höhe war helles Sternengefunkel. In den Schnee fallen kann man auch ohne Laterne, darum stellte ich sie unter einen Strauch und es ging nun besser als vorhin. In die Talschlucht kam ich hinab, das Wasser des Fresenbachs war eingedeckt mit glattem Eis, auf dem, als ich über den Steg ging, die Sterne des Himmels gleichsam Schlittschuh liefen. Später war ein Berg zu übersteigen. Auf dem Pass, genannt der »Höllenkogel«, stieß ich zur wegsamen Bezirksstraße, die durch Wald hinabführt in das Mürztal. In diesem lag ein weites Meer von Nebel, in das ich hineinkam und die feuchte Luft fing an zu riechen. Sie roch nach Steinkohlen. Und die Luft fing an, fernen Lärm an mein Ohr zu tragen, denn im Tal hämmerten die Eisenwerke, rollte manchmal ein Eisenbahnzug über dröhnende Brücken.


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  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 7263
  • Hinzugefügt am 07. Dez 2014 - 13:52 Uhr

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Als-ich-die-Christtagsfreude-holen-ging, Peter-Rosegger, Prosa, Sachliteratur, Weihnachtserinnerung

Einsteller: sophie-clark

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