Text-Suche

Wer ist online

53 Gäste online.

Noch nicht registriert oder angemeldet. Hier registrieren.

Sammlung: Anekdote A

Anekdote aus dem letzten preußischen Krieg

1777-1811, Heinrich von Kleist

<- vorheriger Text  

In einem bei Jena liegenden Dorf, erzählte mir auf einer Reise nach Frankfurt der Gastwirt, dass sich mehrere Stunden nach der Schlacht, um die Zeit, wo das Dorf schon ganz von der Armee des Prinzen von Hohenlohe verlassen und von Franzosen, die es besetzt gehalten hatten, umringt gewesen wäre, sich ein einzelner preußischer Reiter gezeigt hätte. Er versicherte mir, dass wenn alle Soldaten, die an diesem Tag mitgefochten hatten, so tapfer gewesen wären wie dieser, die Franzosen hätten geschlagen werden müssen, wären sie auch noch dreimal stärker gewesen, als sie waren. Dieser Kerl, sprach der Wirt, sprengte, ganz von Staub bedeckt, vor meinen Gasthof und rief: »Herr Wirt!«, und da ich fragte: "Was wünschen der Herr?" »Ein Glas Branntwein!«, antwortete er, indem er sein Schwert in die Scheide steckt. »Mich dürstet.« "Gott im Himmel!", sagte ich. "Will er machen, Freund, dass er wegkommt! Die Franzosen sind ja dicht vor dem Dorf! »Ei, was!«, sprach er, indem er dem Pferd den Zügel über den Hals legte. »Ich habe den ganzen Tag nichts genossen!«

"Nun er ist, glaube ich, vom Satan besessen! He! Liese!", rief ich und schaffte ihm eine Flasche Danziger herbei und sagte: "Da!", und wollte ihm die ganze Flasche in die Hand drücken, damit er nur fliehe. »Ach, was!«, sprach er, indem er den Hut abnahm.  

Schenk er mir ein!«, sprach er. Und während er sich den Schweiß von der Stirn trocknete: »Denn ich habe keine Zeit!«

"Nun ist er ein Kind des Todes,", dachte ich. "Da!", sagte ich und schenkte ihm ein. "Da! Trinke er und reite er! Wohl mag es ihm bekommen." »Noch eins!«, sprach der Kerl, während die Schüsse schon von allen Seiten ins Dorf prasseln. Ich fragte: "Noch eins? Plagt ihn ...!" »Noch eins!«, sprach er und streckte mir das Glas hin. »Und gut gemessen«, sprach er. »Denn es wird bar bezahlt!«

Ei, meine Seele, so wollte ich doch, dass ihn...! "Da!", sagte ich und schenke ihm noch, wie er verlangt, ein zweites und schenke ihm, als er getrunken, noch ein drittes ein und fragte: "Ist er nun zufrieden?" »Ach!«, schüttelte sich der Kerl. »Der Schnaps ist gut! Na!«, sprach er und setzt sich den Hut auf: »Was bin ich schuldig?« Nichts! Nichts!", versetzte ich. "Pack er sich, um Himmels Willen. Die Franzosen ziehen gerade ins Dorf! »Na!«, sagte er, während er in seinen Stiefel griff. »So soll es ihm Gott lohnen«, und holt aus dem Stiefel einen Pfeifenstummel hervor und spricht, nachdem er den Kopf ausgeblasen hat: »Gib er mir Feuer!« "Feuer?", sagte ich. »Feuer, ja!«, sprach er. »Denn ich will mir eine Pfeife anmachen.« "Ei, den Kerl reiten Legionen! He, Liese", rufe ich das Mädchen. Und während der Kerl sich die Pfeife stopft, gibt das Mädchen ihm Feuer. »Na!«, sagte der Kerl, die Pfeife, die er sich angemacht, im Maul. »Nun sollen doch die Franzosen die Schwerenot kriegen!« Und damit, indem er sich den Hut in die Augen drückte und zum Zügel griff, wendete er das Pferd und zog vom Leder. "Ein Mordskerl!", sagte ich. "Ein verfluchter, verwetterter Galgenstrick! Drei Chasseurs... sieht er sie nicht? Sie halten ja schon vor dem Tor?" »Ei was!«, sprach er, indem er ausspuckte und die drei Kerle blitzend ins Auge fasste. »Wenn ihrer auch zehn wären, ich fürchte mich nicht.« Und in dem Augenblick ritten auch schon die drei Franzosen ins Dorf. »Bassa Manelka!«, rief der Kerl, gab seinem Pferd die Sporen und sprengte auf sie ein. Sprengte, so wahr Gott lebt, auf sie ein und greift sie, als ob er das ganze Hohenlohische Corps hinter sich hätte, an. Dergestalt, dass, da die Chasseurs, unsicher, ob nicht noch mehr Deutsche im Dorf sein mochten, einen Augenblick, gegen ihre Gewohnheit, stutzen. Er, meine Seele, ehe man noch eine Hand umkehrt, alle drei vom Sattel haute, die Pferde, die auf dem Platz herumliefen, aufgriff, damit bei mir vorbeisprengte und »Bassa Teremtetem!«, rief. »Sieht er wohl, Herr Wirt?«, und »Adieu!«, und »Auf Wiedersehen!«, und »Hoho! Hoho! Hoho!« "So einen Kerl", sprach der Wirt, "habe ich Zeit meines Lebens nicht gesehen."

 

Werke von A-Z

Autoren und Komponisten von A-Z

Literatur- und Musikgattungen von A-Z

Heinrich von Kleist von A-Z

Anekdoten von A-Z

  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 9311
  • Hinzugefügt am 22. Mai 2022 - 18:19 Uhr

Aufrufe: 36 | Downloads: 1

<- vorheriger Text  

Verwandte Suchbegriffe

Anekdote-aus-dem-letzten-preußischen-Krieg, Heinrich-von-Kleist, Anekdote, Leichtsinn, Tapferkeit

Einsteller: sophie-clark

Kommentieren

Noch keine Kommentare vorhanden.

 

Alle Texte der Sammlung "Anekdote A"

Prosa > Epik > AnekdoteUnbekannter Verfasser | in: Anekdote A | o. J.

Agilulf und Theudelind

mehr…

Nach Autharis (Vetaris) Tode ließen die Langobarden Theudelind, die königliche Witwe, die ihnen allen wohlgefiel, in ihrer Würde bestehen und stellten ihr frei, wen

 

Prosa > Epik > AnekdoteHeinrich von Kleist | in: Anekdote A | 1777-1811

Anekdote aus dem letzten Krieg

mehr…

Den ungeheuersten Witz , der vielleicht so lange die Erde besteht, über Menschenlippen gekommen ist, hat im Laufe des letzten Krieges  ein Tambourmajor

 

Prosa > Epik > AnekdoteHeinrich von Kleist | in: Anekdote A | 1777-1811

Anekdote über einen mecklenburgischen Landmann

mehr…

Ein mecklenburgischer Landmann namens Jonas war seiner großen Kraft  wegen im ganzen Land bekannt. Ein Thüringer, der in die Gegend kam und von ihm

 

Prosa > Epik > AnekdoteUnbekannter Verfasser | in: Anekdote A | o. J.

August der Starke und der Hufschmied

mehr…

Zum Nachhören   Der Kurfürst August  II. von Sachsen war außerordentlich stark. Einmal  verlor  sein Pferd auf einem Ausritt