Leider erhielt ich meine Station nicht wieder. Ich kam zur Vertretung in das Verbandszimmer, wo ich vier Wochen arbeitete. Die Arbeit gefiel mir nicht so gut, die Pflege war mir lieber. Bald kam ich auf die innere Station bis zum 5. November. Unsere ganze Familie erhielt dann Nachtdienst. Es waren nur Leichtkranke im Lazarett, sodass der Dienst nicht anstrengend war. Wir konnten schreiben, lesen und zudem spielte ich oft Schach.

Kurz vor Weihnachten (1916) mussten wir Grodno verlassen; am 7. Dezember reisten wir ab nach Bialystok. Dort fanden wir großen Wirrwarr. Im Schloss gab es Massenquartier. Nachmittags wurden die Stationen verteilt. Ich kam auf Abteilung I der inneren Station, Saal 13. Das war die Station für Lungenkranke. Der Saal war geräumig und hübsch. Die Arbeit bei den Lungenkranken gefiel mir sehr gut. Außer den zehn Kranken im Saal hatte ich noch zwei Schwerkranke mit Lungenentzündung in einem kleinen Zimmer zu versorgen. Es waren zwei Flieger, die sich bei dem Herausholen eines Flugzeuges aus dem Wasser erkältet hatten. Beide schwebten zwischen Leben und Tod.

Die Weihnachtsvorbereitungen begannen. Mit den Kranken wurden Sterne gearbeitet. Nachmittags holte ich aus dem Walde Tannenzapfen. Den Baum überstrich ich mit Gipsmehl, sodass er wie vereist aussah. Als Schmuck kamen nur die Tannenzapfen, die Sterne und weiße Kerzen an den Baum.

Zum ersten Mal sollte ich das Fest mit den Kranken feiern. Die beiden Flieger waren in Besserung, sie wurden vorm Fest abtransportiert. Das Weihnachtsfest wurde sehr hübsch gefeiert. Im großen Saal waren drei Bäume aufgestellt, die bis an die decke reichten. Zu beiden Seiten standen große Gabentische für die Soldaten. Der Pastor las die Weihnachtsgeschichte vor, unser Schwesternchor sang, allgemeine Lieder wurden gesungen und zum Schluss führte jede Schwester ihre Patienten an den Gabentisch.

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