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Sammlung: Pedro Calderón de la Barca

Das große Welttheater Teil 05

1600-1681, Pedro Calderon de la Barca

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Die Welt. Mein erhabner Herr und Meister,
dessen Winke, dessen Rufe
alles ehrerbietig lauscht,
meiner Bühne weite Runde
öffn' ich denn, auf dass die Menschen
sich im Schauspiel drauf versuchen.
Und ein jeder, was die Rolle
fordert, finde hier nach Wunsch.
Blindes Werkzeug deiner Rechte,
führ' ich aus nur, was du schufest,
meine Tat ist dein Gedanke,
mein das Werk zwar, dein das Wunder.
Erstlich nun, da's überall
angemessen wird befunden,
von der Bühne nichts zu sehen,
bis der erste Laut erklungen,
lass' ich einen grauen Vorhang
übers Ganze niederfluten,
wo chaotisch alle Dinge
noch verworren und verschlungen.
Doch das soll nicht lange dauern.
Wenn die Nebel sich geschwungen,
werden rasch, um zu verscheuchen
des Theaters Dämmerungen
(denn kein Festtag ohne Licht!)
Himmelskronen dann entzünden
hier des Tages heil'ge Fackel
und des mitternächt'gen Dunkels
hehre Leuchte dort, umflimmert
von viel tausend lichten Funken,
die vom Diadem der Nacht
die Geschicke niederfunkeln.
Gleich im Anbeginn des Schauspiels,
wo die schlichte und unschuld'ge
Weltintrige der Natur
durch den ersten Akt geschlungen,
soll empor ein Garten tauchen.
Mit den zierlichsten Konturen,
wunderbaren Perspektiven,
dass man staune, wie's gelungen
der Natur, so mächt'ges Bild
zu entwerfen ohne Studien.
Kaum noch aus den ros'gen Knospen
äugelnd, sollen zarte Blumen
da zum erstenmal den Morgen
schüchtern grüßen und verwundert.
Und aus dunklem Laub der Bäume
lockend goldne Früchte lugen,
wenn vielleicht nicht schon die Schlange
neidisch sie mit Gift besudelt;
tausend Bächlein da zerschlagen
ihr Kristall in jähem Sturze,
dass Aurora um sie weine
und von Tränen perl'n die Fluren.
Und dass um so leuchtender
dieser Menschenhimmel funkle.
Denke ich in wüste Heiden
rings zu fassen seine Runde.
Berge zieh' ich, wo Gebirge,
Täler tief, wo Niederungen
zu dem Bilde passend scheinen.
Und wo schon in Aquädukte
selber sich die Erde klüftet,
lass' ich schlau durch diese Furten
abgefangne Meeresarme
weit durchs Land als Ströme funkeln.
Zeigen auch die ersten Szenen
nirgends eines Bauwerks Spuren,
soll man doch bald Wunder sehn,
wie ich in ein paar Minuten
Staaten gründe, Städte baue
und die Höhen krön' mit Burgen.
Und wenn endlich, überwüchsig,
der Gebirge Felsenwuchten
alles zu erdrücken drohen
und die Lüfte zu verdunkeln,
so verwandl' ich rasch die Bühne,
dass, vom Sturm aus tiefstem Grund
aufgewühlt, ein Ozean
alle Gipfel überflute.
Und im unermessnen Leer
zwischen grauer Wolken Zuge
nur ein einsam Schiff erscheine,
das durch alle Schrecken furchtlos
auf noch nie befahrner Bahn
sichre stille Gleise furchet.
Und Geflügel, Tier und Menschen
rettend birgt in seinem Rumpf.
Doch wenn drauf der Friedensbogen
über Meer und Schiff geschwungen,
mit den milden Himmelsfarben,
blau und violett und purpurn,
durch das Grauen niederstrahlt,
bricht des Elementes Wut sich,
und erschrocken beugt die Woge
dem Gesetz sich ihres Ursprungs
vor der Felsenstirn der Erde,
die nun aus dem Grab der Fluten
wiederum ihr Antlitz hebt.
Wenn auch bleich, verweint und stumm noch.
Ungesäumt nun folgt der zweite
Aufzug nach des ersten Schlusse.
Der vom Moses und hier muss ich
meinen Fleiß zu mehren suchen.
Denn, um dorthin zu gelangen,
kommen eilig trocknen Fußes
aus Ägypten angerückt
durch das rote Meer die Juden.
Dort, wenn so die Flut sich teilt,
soll die Sonne sich verwundern,
was ich ihr für Klüfte zeige,
die sonst tief im Wasser ruhten.
Doch schon mit zwei Feuersäulen
leuchtet sie voran dem Zug,
denn durch Wüsten geht der Weg,
zum verheißenen Genüssen.
Und um das Gesetz zu holen,
hat den Moses, raschen Fluges,
jetzt auf einen mächt'gen Berg
ein Gewölk emporgeschwungen.
Aber dieser zweite Akt
bricht in Schrecken aus zum Schluss.
Wie im Todesschlummer dämmernd,
wird die Sonne sich verdunkeln,
und in tiefen Fieberschauern
wird man da die Himmelskugel
irre wanken sehn und weichen
alle Kreis' aus ihren Fugen,
Berge bersten und die Mauern
taumeln, wie von Wahnsinn trunken.
Bis der ganze morsche Bau
rings in Trümmer ist gesunken.
Drauf beginnt der dritte Akt,
der von Ahnungen durchklungen,
dass hier Höheres im Spiel,
das Gesetz des neuen Bundes.
Eitel Streben, zu ergründen
dieses Wunder aller Wunder!
Also wird man in drei Akte
nach den dreierlei Statuten
einst die Weltenalter teilen
von Jahrhundert zu Jahrhundert.
Bis zuletzt die ganze Bühne
mit all ihrem reichen Prunk
dass auch Feuerwerk nicht fehle
bei dem Fest im Blitzeszucken
unversehns von einem grimmen
Feuermeere wird verschlungen.
Hier versagt mir meine Stimme,
und mein bleicher Mund verstummt,
denn, schon es zu ahnen, schaudr' ich,
es zu denken, sprengt die Brust mir,
und ich bebe, auszusprechen
all das unermeßne Unglück.
Oh, dass dieser Tag noch lange
weilte in der Zeiten Grund
und ihn nie die Völker schauten,
die noch ruhn im Schoß der Zukunft!
Nun, in den drei Akten sehen
wohl die Menschen manches Wunder,
und nicht einem soll da fehlen,
was fürs Schauspiel ihm von Nutzen.
Und da ich nun das Theater
ausgerüstet ganz nach Wunsch,
wirst du selbst wohl, was das Spiel
anbetrifft, wie ich vermute,
alles schon im Sinne haben.
Denn in deinem Sinn verbunden
sind die Menschen, eh' sie sind,
schon versichert ihres Ruhmes.
Doch dass jeglicher imstande,
auf der Bühne, deinem Ruf
folgend, auf- und abzutreten,
habe ich zwei Türen hurtig
eingerichtet: hier die Wiege,
dort das Grab im Hintergrunde.
Und nicht minder auch gedacht' ich
des Kostüms und nöt'gen Putzes,
wie die Rollen ihn erheischen.
Denn bereit halt ich zur Stunde
für den, der den König gibt,
Lorbeerkränze und den Purpur,
für den tapfren Feldhauptmann
Waffen, Ansehn und Triumphe.
Dem, der den Minister spielt,
geb' ich Bildung, Bücher, Schulen,
geistlich Regiment dem Mönche,
dem Verbrecher manchen Unglimpf,
Ehr' und Pracht dem Edelmann,
Privilegien den Kommunen.
Auch den Landmann, der um eines
Toren Schuld in Angst und Kummer
muss den harten Boden bauen,
rüst' ich aus mit Hack' und Pflug.
Doch vor allen dann des Schauspiels
Dame zier' ich mit dem Schmuck
höchster Schönheit, diesem süßen
Gift für so viel Unschuldige.
Nur den Bettler lass' ich laufen,
weil das seines Parts Natur so.
Keiner soll sich da beklagen,
dass er nicht bereit gefunden,
was er für sein Rollenfach
irgend nur an Schmuck bedurfte.
Macht er dennoch seine Sache
schlecht dann, so ist's meine Schuld nicht,
sondern seine. Und da nun
schon gerüstet all der Plunder,
so kommt, Sterbliche, herbei,
um euch einzeln aufzuputzen.
Auf dem großen Welttheater
zeige jeder seine Kunst nun! (Geht ab.)

 

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  • Text-ID 9188
  • Hinzugefügt am 17. Apr 2022 - 21:21 Uhr

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