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Sammlung: Emil Bessels
196 Tage auf einer treibenden Eisscholle Teil 02
1847-1888, Emil Bessels
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Allmählich legte sich der Wind, das Schneetreiben ließ nach und das Licht des Mondes beleuchtete vorübergehend die verheerende Szene. Erst jetzt ließ sich die Scholle überblicken. Das Bruchstück war nahezu rund und maß im Umfang etwa vier Seemeilen. Dicht am Wasser lagen, in Felle gehüllt, die schreienden Kinder, daneben kauerten jammernd die Mütter, vor Verzweiflung die Hände ringend. Hier und dort zerstreut zeigten sich andere Gruppen. Auf einem abgelösten Eisstück, kaum groß genug, darauf Fuß zu fassen, standen mehrere dunkle Gestalten, die zu den anderen flehten, ihnen zu helfen.
Noch waren die Boote unversehrt. Tyson machte den kleinen Kahn flott. Als er eben abstoßen wollte, schlug eine hohe Sturzwelle über ihm zusammen. Der Nachen füllte sich und sank, dem Ruderer blieb kaum Zeit, auf die Scholle zurückzuspringen. Erfolgreicher war der Versuch mit einem der großen Walboote, das den Koch sowie zwei Matrosen auf dem abgetrennten Eisstück erlöste und zu den Übrigen brachte. Dann wurden die beiden Schaluppen in die Mitte der Scholle gezogen, wo die Leute sich niederlegten. Doch niemand konnte schlafen.
Als am 16. Oktober der trübe Tag zu dämmern begann, erstiegen sie einen der zahlreichen Eishöcker, mit denen die Scholle besetzt war. Die suchenden Augen schweiften in alle Himmelsrichtungen, aber vom Schiff war nirgends eine Spur zu entdecken. Verschwunden war die Nothütte, verschwunden die Kisten, Fässer und Ballen, die den Proviant enthielten. Nur etwas Pemmikan (getrocknetes, in Streifen geschnittenes und mit Maismehl bestreutes Fleisch) und Zwieback waren übriggeblieben und neunzehn hungrige Menschen, die vor Frost zitterten.
Zum Ufer zogen sich einige Wasserstraßen. Diese zu erreichen, war die erste Aufgabe. Die Position der Scholle war noch unbekannt.
Autoren und Komponisten von A-Z
- Text-Herkunft: Gemeinfrei
- Text-ID 7154
- Hinzugefügt am 27. Nov 2014 - 17:51 Uhr
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