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Sammlung: Walther Kabel

Ibrahim ben Garb, der Pirat der Wüste Teil 04

1878-1935, Walther Kabel

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Bevor er aber die hohe Felswarte verließ, eilten seine Augen nochmals forschend in die Runde.

Und wieder stutzte er, wieder hielt er das Fernglas an die Augen …

„Unmöglich ich muss mich irren!“ murmelte er jetzt kopfschüttelnd. „Und doch... diese Gestalt, diese Kleidung, die einst weiß gewesene Schirmmütze … es kann nur der Knirps sein …!“ 

Zehn Minuten später saßen unter den Dattelpalmen am Weiher zwei Männer, von denen der eine gierig die halbrohen Fleischstücke hinunterschlang, die eigentlich erst hatten in der Sonne dörren sollen.

„Karl, nun erzählen Sie endlich …!“, mahnte der Doktor den Gefährten, mit dem er soeben hier ein unerwartetes Wiedersehen gefeiert hatte. „Ich platze vor Neugier! Los also! Ihr erster Hunger muss doch gestillt sein.“

Karl Bolz, der das an Leibesfülle zu viel hatte, was dem weitgereisten Forscher und Gelehrten fehlte, nahm jetzt die Schirmmütze ab und entblößte so einen von einem Kranz feuerroter Haare umgebenen Schädel.

„Ich könnte stundenlang berichten, ehe ich mit meinen Abenteuern fertig würde“, meinte er, ununterbrochen weiter kauend. „Bin aber jetzt zu müde dazu, Doktor,  viel zu müde! Will mich deshalb kurz fassen,  so, wie Kürze-Würze es tun würde an meiner Stelle, der liebe, lange Hüne, den die verd… Iringi auch gegriffen haben. Als wir damals vor zehn Tagen unser Lager bei jenen Felsen aufgeschlagen hatten, überkam mich plötzlich die Lust, etwas in der Wüste umherzustrolchen. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass es mir vielleicht unmöglich sein könnte, das Lager wiederzufinden. Na, jedenfalls hatte ich mich trotz der sternenklaren Nacht bald verirrt und beschloss, um mich nicht noch weiter zu entfernen, den Rest der Nacht in einem felsigen Wadi (trockenes Flussbett) zu verbringen, auf das ich gestoßen war. Müde und schläfrig lehnte ich mich an die glatte Wand eines mächtigen Felsblocks, um so im Sitzen ein paar Stunden zu schlummern. Da... mit einem Mal gab hinter mir meine harte Sesselrücklehne nach und ich stürzte einen steilen Felsgang hinab, der, wie ich nachher feststellte, in eine natürliche Grotte mündete. Zunächst prallte ich aber mal mit dem Kopf recht kräftig gegen etwas, das härter war als mein Schädel,  irgendein Stein eben, und wurde ohnmächtig.“

„Aha“, warf der Doktor hier ein, „der Felsblock hatte eine verborgene Steintür, die Sie durch den Druck Ihres breiten Rückens nach innen aufdrückten. Nicht wahr so ist es doch! Na also! Jedenfalls ein Beweis, dass jenes Flußbett einst bewohnt gewesen ist, vor langer, langer Zeit, wie viele Örtlichkeiten Arabiens, die heute verlassen daliegen und von einer bewegten Vergangenheit träumen.“

„Mögen sie träumen!“, murrte der Dicke, allgemein Knirps genannt, mit seinem tiefen Bass. „Mein Erwachen war jedenfalls recht unangenehm. Ringsum pechrabenschwarze Finsternis, wohin ich fühlte, nur kühle Steinwände! Und dazu bald Hunger und Durst! Ich hatte schon in Gedanken mein Testament gemacht, war schon halbtot vor Erschöpfung, als ich am dritten Tag abends durch nochmalige Nachsuche in meinen Taschen ein einzelnes Zündholz fand, ein richtiges, in Deutschland längst verbotenes Schwefelhölzchen, das ich dann mit einer gewissen Feierlichkeit an der Stiefelsohle anrieb, nachdem ich das Futter aus meiner Mütze herausgerissen hatte, um es als Fackel zu benutzen. Und bei deren spärlichem Licht fand ich dann links von mir ein Bündel Reisig, das bald in hellen Flammen auflohte. Hatte ich mich bisher nicht weit von meinem Platz weggewagt, aus Angst, in eine Felsspalte zu stürzen, so …“

  • Text-Herkunft: Gemeinfrei
  • Text-ID 7584
  • Hinzugefügt am 05. Jan 2015 - 21:25 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Pirat, Wüste, Gefährte, Wiedersehen, Neugier

Einsteller: sophie-clark

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