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Sammlung: Erinnerungen

Meine erste große Reise / 04

2012, D. Johst

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Wir sprachen kein finnisch- sie kein deutsch oder englisch. Nachdem wir ihr jedoch den Vornamen ihrer Tochter und Neustadt genannt hatten, bat sie uns freundlich hinein. Sie führte uns direkt in's Badezimmer und ließ Wasser in die Wanne laufen. Ihre Gestik war eindeutig- wir sollten zunächst 'mal ein Bad nehmen. 
Nach Essen, Kuchen und Kekse, bummelten wir in der Stadt herum. Abends erschien Herr M., er war begeistert zwei junge Deutsche zu bewirten.
Seine Tochter habe ich nie gesehen- sie war mit ihrer Volkstanzgruppe noch in Schweden beschäftigt.
Am folgenden Tag- zum Frühstück gab's köstlichen Kaffee mit Brandy- fuhr Herr M. alle seine Lebensmittelfilialen bis nach Laitila an, um uns seinen Mitarbeitern vorzuführen. Abends hatten wir mit Ehepaar M. und einer Großmutter einen Saunabesuch zu bestehen. Es war mein erster- dieses Ereignis war mir gewöhnungsbedürftig.
Später hatte Herr M. uns zu Brandy und Zigaretten in sein Herrenzimmer geladen. Im Laufe des Gespräches zeigte er uns ganz stolz "Mein Kampf"-
ich habe mich selbst und für meinen Gastgeber geschämt.

Am Sonnabend, den 20. Sept. 1958, fuhren wir mit dem Bus an den östlichen Stadtrand von Turku und von dort per Anhalter über Salo nach Helsinki.
Jeder Fahrer mit freien Plätzen hielt- mindestens jeder zweite von ihnen sprach deutsch. Wir wurden in die Stadt Helsinki gefahren.
Unser Fahrer beschaffte uns sogar eine preiswerte Unterkunft, 1000 Marka für das Doppelzimmer- ein Hoch und Danke dem Finnen!
Nachmittags bummelten wir durch die Halbmillionenstadt- wir sahen die Nikolaikirche- hier wurde musiziert, Bach, Händel, Prokofjew...-
die Felsenkirche am Lutherinkatu- bis heute mein schönster Sakralbau,- und das Finlandiahuset an der Tölöviken.
Abends saßen wir in einer Studentenbar, zufällig mit einem Russen, am Tisch. Er kam aus Novgorow, sprach deutsch und berichtete von den unfreien Lebensverhältnissen in seiner Heimat.
Um dem zu entgehen, war er bei Vyborg über die Grenze geflohen und hatte in Finnland Asyl beantragt.
Auch später, wenn ich an W. dachte, erinnere ich mich an meine Landsleute, die slawische Menschen schamlos als Untermenschen betrachtet hatten.
Ein Übervolk, das ein jahrelanges Massenmorden- überwiegend- erhobenen Hauptes, hingenommen hatte.


  • Text-Herkunft: Eigentext
  • Text-ID 1010
  • Hinzugefügt am 24. Sep 2012 - 10:42 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Reise, Schulfreund, Trachtenwoche, Neustadt, Holstein, Ostsee, Schweden, Finnland, Tochter, Laitila, Sauna, Turku, Helsinki, Bach, Händel, Russe

Einsteller: ingrid

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