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Sammlung: Mitternachtmärchen

Das Märchen vom Einhorn Gerda

2017-11-23, olym3r

Gerda

Gerda ist als Kleinkind von der Schaukel gefallen. Erst hatte es nur weh getan und gab eine kleine Beule. Gerda selber bekamm damals nicht viel von diesem ersten Unfall mit. Wäre es doch nur dabei geblieben. Das Schicksal ist manchmal jedoch schäusslich und so kam es, dass die kleine Gerda noch vor dem Kindergarten im selben Jahr weitere drei mal auf dem selben Spielplatz verunglückte. Der letzte Sturz war gar so schlimm, dass Gerda ihn nie mehr vergessen würde und die erst so kleine Beule wurde so gross, dass der Arzt von Gerdas Mutter sagte, „Ganz heilen wird sie wohl nie, so eine Beule habe ich selten erlebt.“.


Die Kindergarten Zeit verging wie im Fluge und die Schmerzen welche der letzte Sturz mit sich trug, waren in einer so schönen Zeit ertragbar. Die anderen Kinder vertrugen sich gut mit ihr und Gerda bekahm den Spitznamen „Einhorn“, was ihr besonders gut gefiel.

 

Schule

Gerda war eigentlich ein sehr munteres Kind, doch als sie ins Schulalter kam merkte sie, dass die Menschen um sich herum geändert hatten. Die Kinder, die nun Schulkinder waren, lernten neue Wörter und aus dem „kleinen Einhorn“ Gerda wurde plötzlich nur noch „Die Beule“. 


Die Schulkinder hänselten Gerda und drückten ihr mit ihren Fingern auf dem Pausenplatz auf die Bäule bis sie blau wurde. „Beule! Beule! Einhörner haben keine blauen Hörner.. Du bist und bleibst die hässliche Beule!“


So kam es, dass Gerda sich schlagartig unwohl fühlte mit ihrer Beule und die Schmerzen wieder so gross waren wie damals beim Unfall. Selbst „Einhörnchen“, wie ihre Mutter sie inzwischen auch nannte, wollte sie nicht mehr genannt werden - sie wollte nichts mehr mit dieser Beule zu tun haben. 

 

Grufties

Die Schuljahre vergingen in Qualen und Gerda zog sich mehr und mehr zurück. Ihre Beule ignorierte sie. Für sie war die Beule gestorben - nicht einmal mehr gewaschen hatt sie sie - Duschen macht keinen Spass, wenn man dabei die Beule spürt. Diese Ignoranz führte so weit, dass sich um die Beule herum Spinnen eingenistet haben, deren Spinnweben die Beule bis ins Secondar-Schulalter komplett verdeckten. Das war Gerda ganz recht.


An einem Winterabend sass sie dann zuhause an ihrem Computer und chattete auf Chattoulet mit fremden, als plötzlich beim klicken auf den „NEXT“ Button das Gesicht eines gleichalterigen Jugendlichen aufpopte.


„Hi!“ sagte Jacky, dessen äusseres zwar mehr oder weniger gepflegt, aber nicht sehr ansehlich war: „Geile Extensions hast du da“. Gerda schluckte - er sprach sie auf die Beulen-Spinnweben an - unerwartet und unangenehm. Ist das Sarkasmus? Fragt sie sich und antwortet sich räuspernd: „Ey! Das ist..“ Doch Jacky unterbricht sie: „Glaubst du ich lebe hinter dem Mond?!? Das ist der letzte Gothic-Shit und ich liebe es - Grufti 4EVA“. Er meint es ernst - flüstert Gerda zu sich selbst - er ist keiner dieser „coolen“ Kids. Er ist wie ich, und dass er nicht hübsch ist ist mir egal - ich bin es ja auch nicht, mit meiner Beule. Und so kamen die beiden ins Gespräch.


Gerda hatte sich noch nie wirklich mit Gothic beschäftigt - aber innert kürzester Zeit wurde sie zum Grufti und lernte über Jacky eine menge neuer Freunde kennen.


Es war eine aufregende Zeit und Gerda fühlte sich wie zuhause - nur mit dem Vorteil, dass sie hier nicht von ihrer Mamma mittels Spitznamen „Einhörnchen“ an ihre Beule erinnert wurde.


Als Gerda älter wurde löste sich die Grufti Gruppe jedoch langsam auf - die Schulzeit war zu ende und die meisten Kollegen fühlten sich in ihrer Gruftikleidung nichtmehr wohl. Am Ende wuchs auch Gerda aus ihrer schwarzen Kutte heraus, was Jacky nicht verstehen konnte. Für ihn war weiterhin alles wie gehabt - und er hatte andere Probleme, als zu realisieren, was passiert war. Schlussendlich trennte sich Gerda von Jacky als sie an der Uni diesen Typen kennen gelernt hatte.

 

Er

Er war anderst als die anderen; Und Gerda überglücklich. Sie spürte, dass er sie trotz ihrer Eigenheiten, die sie sich als Grufti angewohnt, hatte mochte und spürte seine Liebe zu ihr. Er konnte ihre Grufti Vergangenheit nie nachvollziehen und da für sie das Thema abgeschlossen war erzählte sie auch nicht viel davon. Er wusste nur Bruchstücke, wie z.B. dass es da diesen Jacky gab den er nicht mochte, da er erst ihm die Schuld daran gab, dass Gerda sich nicht frei entfalten konnte und so introvertiert war. Es war ein endloses hin und her mit Versuchen das Thema an zu sprechen um Gerda besser zu verstehen und dem schweigen Gerdas, da sie den Anfang ihrer Gruftigeschichte verdrängt hatte - verdrängt hatte wie Jacky unbewusst ihre Beule ansprach als sie ihn kennen lernte, verdrängt hatte dass sie überhaupt eine Beule hatte.


An einem gewissen Punkt jedoch hielt er diese Geheimnistuerei nicht mehr aus und er begann die Spinnen an ihrem Kopf aus zu drücken und wuschelte in Gerdas Haar herum um die Spinnweben los zu werden. Für ihn waren die Spinnweben das einzige was ihn täglich an Gerdas unbekannte Vorgeschichte erinnterten. Und er sagte sich, wenn sie mir nicht davon erzählen kann, dann muss ich die Spinnen los werden, sonst lässt es mich nicht in Ruhe und ich nicht Gerda. Dazu kommt, dass die Spinnen nachts im Bett herum wandern - ekelig.


Gerda jedoch wurde wütend und verstand nicht wieso dieser Typ das macht. Sie fragte noch nicht einmal nach. Für Gerda war es ein bekanntes Gefühl und sie war in ihre Schulzeit zurückversetzt. Sie fühlte sich wieder als „Beule“ und die Schulkinder drückten auf ihr herum. Gerda sträupte und werte sich mit Hand und Fuss um ihre Spinnweben - die sie nun so lange schon als ihren einzigen Schutz mit sich trug - zu verteidigen.


Die Zeit heilt alle Wunden


Er liess aber nicht locker, da er keinen anderen Weg mehr sah. Für Gerda ging es an ihre Grenzen und sie wollte gerade weg laufen, da hörte er auf einmal auf zu drücken. Er wuschelte noch einmal durch ihr wildes Haar und in seinem Gesicht war ein stolzes Lächeln zu sehen. Gerda schaute zu ihm auf und er sagte mit einem leuchten in den Augen: „Endlich - ist doch viel besser so.“ und küsst ihr auf die Stirn. Die Spinnweben waren weg. Gerda fasste sich erschöpft an den Kopf - und zu ihrem erstaunen stellte sie Fest, dass die Beule verschwunden war.


  • Text-Herkunft: Eigentext
  • Text-ID 8041
  • Hinzugefügt am 24. Nov 2017 - 07:43 Uhr

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Verwandte Suchbegriffe

Umgang, Liebe, Wunden, Gerda, Beule, Einhorn, Trauma

Einsteller: olym3r

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